• 10 • ENTWICKLUNG DER GEMEINDE
- 10.1 Die Entwicklung der Gemeinde
- 10.2 Bauerntum & Landwirtschaft
- 10.3 Die Entwicklung der Industrie
- 10.4 Gewerbe
- 10.5 Über den Handel
- 10.6 Gutachten zwecks Lastenausgleiches
10.1 DIE ENTWICKLUNG DER GEMEINDE VON 1786 - 1944
aus "UNVERGESSENES KISCHKER" herausgegeben von Johann Lorenz D. J. -1980-
Als unsere Vorfahren ihre Heimat in den deutschen Ländern verließen, Wußten sie wahrscheinlich nicht, welch große Aufgabe ihnen in einem verwüsteten, menschenleeren Gebiet, in dem die Pest und andere Krankheiten zu Hause waren, gestellt wurde. Es war ein schwerer Anfang, und nur dem unerschütterlichen Fleiß, Arbeitsmut und der Ausdauer unserer Ahnen ist es zuzuschreiben, daß sie durch große persönliche Opfer diese Aufgabe beispielhaft gelöst und somit den Grundstock für den wirtschaftlichen Erfolg der letzten Generationen gelegt haben. Das Kolonistendorf Kischker wurde in den Monaten April bis Juli des Jahres 1786 von den Siedlern erbaut. Nach erfolgter Besiedlung des Dorfes wurde von der Ansiedlungsbehörde die „Urbarialtafel“ vom Cameraldorf (d. h. es entstand auf staatlichem Grund und Boden, der von der Hofkammer verwaltet wurde) Kiss-Keer Anno 1787 zusammengestellt. Es war das erste Grundbuch der Gemeinde und zeigte die Verteilung der urbaren, fruchtbaren Grundstücke unter den Bauernkolonisten.
Am 30. Dezember 1791, fünf Jahre nach der Ansiedlung, wurde in Kischker die erste Volkszählung durchgeführt; sie ergab 1147 Seelen.
Die Versprechungen von der Regierung, wie sie im Ansiedlungspatent den Siedlern gegeben wurden, wurden in Kischker treulich gehalten. So wurden in den darauffolgenden Jahren ein Bethaus und eine Schule erbaut. Außer dem sonstigen Inventar für das Bethaus erhielt die Kirchengemeinde auch eine Glocke als Geschenk von der Regierung. Diese Glocke war bis zum Jahre 1944 noch in unserer Kirche (es war die kleinste). Der Glockenstuhl, der auf der Gasse vor dem Bethaus aufgestellt war, stand bis im Jahre 1826. Im Jahre 1799 kaufte die Kirchengemeinde noch eine zweite Glocke, die im ersten Weltkrieg eingeschmolzen wurde.
Laut Visitationsprotokoll vom Jahre 1798 betrug die Seelenzahl zu jener Zeit 561 männliche, 487 weibliche, zusammen 1048 Seelen.
Auf der ursprünglichen Pußta entstand ein ansehnliches Dorf - die Wohnungen waren wohl niedrig und klein, aber es hatten Reinlichkeit und Ordnungsliebe in ihnen geherrscht, überall regten sich fleißige Hände: im Hof, im Garten und auf dem Felde - und was unsere Väter für unmöglich hielten, das war schon in wenigen Jahren Wirklichkeit geworden, denn sie hatten nicht nur die von der Regierung erhaltenen Saatfrüchte zurückerstattet, sondern sie hatten auch ihre Häuser und sonstigen Gerätschaften vermehrt und vervollkommnet, ihren Viehbestand hatten sie in einen solchen Zustand gebracht, daß sie unbesorgt der Zukunft entgegensehen konnten. Wohl mögen sie sich so manchmal noch an ihre alte Heimat zurückerinnert haben, aber zurückgesehnt hat sich keiner mehr. Denn diese Heimat war ihnen lieb geworden. An die Einrichtungen im Lande hatten sie sich gewöhnt, die Gesetze des neuen Landes hatten sie kennengelernt, die Sitten und Gewohnheiten nach und nach sich immer mehr angeeignet, obwohl sie auch an ihren eigenen Sitten und Gebräuchen treulich festhielten. - Sie waren gutmütig und still, ordnungsliebend und arbeitsam, liebreich und mildtätig, gottesfürchtig und fromm. Sie haben sich gegenseitig beigestanden, haben einander unterstützt und miteinander in Eintracht und Liebe gewohnt; da war keine Habsucht, kein Hader und kein Neid, keine Zwietracht und keine Uneinigkeit, sondern als wären sie eine Familie. Sie waren zufrieden und glücklich.
Da die Seelenzahl bis zum 12. Juli 1810 um über 300 auf 1384 angestiegen war, wurde beschlossen, eine Kirche zu bauen. 1814 wurde mit dem Bau begonnen, und 1818 am Rosenkranzfest (Anfang Oktober) konnte die Kirche für den öffentlichen Gottesdienst feierlich eingeweiht werden.
Das Getreide hatte man anfangs zur Säuberung „in de” Wind gewarf“, ab 1810 kamen dann die Tscherwenkaer Windmühlen in Gebrauch.
Im Jahre 1831 war die Cholera (Gallenbrechruhr) ausgebrochen und viele Einwohner mußten daran sterben. Dem damaligen Seelsorger Samuel Hajnoczy wurde vom Kaiser Franz I. für seine unermüdliche Hilfe an den durch die Cholera leidenden Menschen eine Belobung ausgesprochen.
1836 war die Cholera noch fürchterlicher als 1831. In diesem Jahr starben über 300 Personen - vom 10. bis 29. August 1833.
Der Kirchturm wurde im Jahre 1843 neu erbaut und 1846 der Altar marmoriert und vergoldet.
Um 1840 wurden die ersten Tschardaken (Maistrockenräume) gebaut.
Im Jahre 1842 eröffnete der erste deutsche Kaufmann Adam Simon einen Laden.
Im Revolutionsjahr 1848 erlitt die Gemeinde keinen argen Schaden. Als die ersten Feinde kamen, flüchteten die meisten Familien in die Nachbardörfer (Torschau, Werbaß und Tscherwenka), aber die Familienväter blieben in der Gemeinde zurück und versuchten, ihre Habseligkeiten zu verbergen und zu verteidigen. Infolge des guten Einvernehmens mit den Bewohnern von St. Tamasch und Turia war für die Gemeinde nichts Übles zu befürchten. Nur fremde Serben aus den unteren Gegenden versuchten einmal, das Dorf anzuzünden, doch wurden sie daran durch einen Turiaer serbischen Gerichtsgeschworenen gehindert. Aber gänzlich verschont blieb unsere Gemeinde auch nicht. So mußte oftmals den feindlichen Truppen Vieh, besonders Pferde, Mehl, Brot, Wein usw. unentgeltlich überlassen werden. Auch waren die Gemeindeglieder der ganzen Roheit des serbischen Volkes ausgesetzt. Es hat damals „Ohrfeigen und Prügel geregnet“. Selbst die Gerichtspersonen waren von dieser Behandlungsweise nicht ausgenommen. In jenem Jahr war ein doppeltes, nämlich ein ungarisches und ein serbisches Gericht vorhanden. Letzteres war von den serbischen Führern zwangsweise eingesetzt worden.
Doch noch weiteres Leid stand jener Generation bevor. So mußten während der dritten Choleraepidemie 1849 wieder 197 Menschen an dieser Krankheit sterben. Es müssen jedoch noch andere Krankheiten gewütet haben, denn in diesem Jahr sind zusammen 375 Todesfälle verzeichnet. Es war dies die höchste Zahl seit der Ansiedlung.
Die erste Mühle der Familie Jaki wurde 1852 erbaut. In den Jahren 1857 und 1858 wurden zwei neue Schulen mit zwei Lehrerwohnungen (nördlich von der Kirche) erbaut. Es war eine Knaben- und eine Mädchenschule. Die Kosten der Knabenschule beliefen sich auf 2590 Gulden 40 Kreuzer und die der Mädchenschule auf 1953 Gulden 18 Kreuzer.
1860 wurden zu den vorhandenen zwei Glocken noch zwei weitere größere Glocken gekauft. Beide wurden im ersten Weltkrieg eingeschmolzen.
1862 und 1863 wurde das Kirchendach erneuert, ebenso die Turmuhr und der Glockenstuhl
Eine große Dürre vernichtete 1863 die gesamte Ernte.
1866 eröffnete Josef Simon das erste Schnittwarengeschäft, nebenbei führte er noch Spezereiwaren.
In den Jahren 1870-1872 war ein großer Teil des Hotters von Hochwasser überschwemmt.
Eine dritte Schule mit Lehrerwohnung wurde an der Ecke Haupt- und Hauptkreuzgasse 1871 um die Summe von 2356 Gulden erbaut.
Die Seelenzahl der Gemeinde betrug im Jahre 1873 2428 Personen.
Zum letztenmal wütete die Cholera 1873 in unserer Gemeinde, es starben 168 Personen an dieser Krankheit. Als letztes Opfer starb der damalige Pfarrer A. G. Groß.
Das Gemeindehaus wurde 1874, das Pfarrhaus 1876 neu erbaut.
Die ersten Eisenpflüge, die sogenannten „Werfer“, verfertigte die Dorfschmiede um 1880.
Am 3. März 1880 wurde der Evangelische Männergesangverein gegründet.
Die Eisenbahnlinie wurde 1882 gebaut, doch wurde damals der Fehler gemacht, daß man zu weit vom Ort wegblieb, was den späteren Generationen zum Nachteil gereichte.
1886 feierte die Gemeinde in schlichter aber würdiger Weise die hundertste Wiederkehr des Jahres ihrer Entstehung. Aus diesem Anlaß wurde vom damaligen Pfarrer Josef Koch eine geschichtliche Darstellung der Ansiedlung unter dem Titel „Unsere Ahnen“ herausgegeben.
Die Häuserzahl war seit der Ansiedlung (215) auf 317 im Jahre 1886 angestiegen. Die Seelenzahl betrug 2839 Personen.
1889 wurde der Leichenverein (genannt Totenverein) gegründet.
Da bei der Ansiedlung jeder Bauer an neun Stellen des Hotters Feld zugeteilt bekam und in der Zwischenzeit es sich bei vielen um einige Stellen erweitert hatte, wurde 1890 eine Kommassierung (Feldbereinigung) des Hotters durchgeführt. Zunächst entsprach dies nicht ganz, doch konnte sich die Landwirtschaft von dieser Zeit an besser entwickeln. Auch kamen im selben Jahre die ersten Dreschmaschinen nach Kischker. Am Südende des Dorfes stand zunächst eine Windmühle. An dieser Stelle wurde aber bereits 1891 die Motormühle Hütter und Will erbaut.
1892 wurden die ersten massiven Ziegelöfen erbaut. Bis zu dieser Zeit wurden die Ziegel (Mauersteine) in Feldöfen gebrannt. Das Brennen in einem Feldofen ging etwa folgendermaßen vor: Die geschlagenen Steine wurden mit einem Abstand von 5-8 cm hochkant über Kreuz bis zu einer Höhe von 4 m aufgesetzt. Außen herum wurde mit Ausfallziegeln zugemauert und mit Lehm dicht verschmiert. Seitlich waren 8-10 Heizlöcher in einem Abstand von ca. 2 m angebracht. Zum Heizen nahm man Stroh. In solchen Feldöfen wurden auch die Steine für unsere Kirche, das Gemeindehaus und für die Schulhäuser gebrannt.
Die Kinderzahl war inzwischen auf über 400 Schulkinder angewachsen, deshalb sah man sich seitens der politischen Gemeinde genötigt, eine Gemeindeschule zu errichten.
Der Bau kam im Jahre 1898 zustande und hatte einen Schulraum und eine Lehrerwohnung.
Zwischen 1890 und 1910 herrschte im ganzen Ort eine rege Bautätigkeit. In dieser Zeit wurden nicht nur die beiden „Reihe“ (die B- und F-Straße) zu vollständigen Straßen ausgebaut, sondern darüber hinaus noch in den „äußeren Reihen“ viele Häuser gebaut (A- und G-Straße).
Ab 1898 wurde jeden Samstagvormittag auf dem Platz vor dem Pfarrhaus Wochenmarkt gehalten. Es wurden Gemüse und Obst, auch Ferkel und Jungschweine und manchmal von einigen Gewerbetreibenden verschiedene Erzeugnisse zum Verkauf angeboten.
1907 gelang es Jakob Bayer als erstem, einen artesischen Brunnen zu bohren. Es wurde vorher von anderer Seite bereits öfter versucht, doch war es immer vergebens. Wohl konnte auch bis dahin aus einigen Brunnen gutes Wasser geholt werden, doch war dieses „artesische Wasser“, das aus einer Tiefe von 220 m kam, bazillenfrei und im Geschmack unerreicht.
Von 1906 bis 1913 und im ]ahre 1921 wanderten 147 Personen nach Nordamerika aus. Im Laufe der Zeit kamen davon 56 Personen nach Kischker zurück, während die anderen die Verbindung nach Kischker aufrecht erhielten.
Die Gemeindeschule von 1898 wurde 1909 durch einen Erweiterungsbau um zwei Lehrsäle vergrößert.
Der Landwirtschaftliche Bankverein (genannt Sparkass) wurde am 12. Juni 1910 gegründet.
Der 8. Januar 1911 war der Gründungstag der Freiwilligen Feuerwehr.
Um 1912 wurde die erste Schnapsbrennerei in Kischker eröffnet.
In den Jahren 1913 und 1914 wurde durch die Hauptstraße eine Chaussee gebaut. Es war die erste und einzige Straße, die einen festen Unterbau mit einer Schotterdecke hatte. Vor dem ersten Weltkrieg erreichte die Gemeinde einen Einwohnerstand von 4200 Personen.
Im ersten Weltkrieg (1914-1918) wurde auch unsere Gemeinde von vielen Sorgen heimgesucht. Zunächst litt sie an Zwangslieferungen aller Art ihrer Erzeugnisse. Es waren ganze Truppenkörper vorübergehend zwangsweise einquartiert. Viele Gelder wurden als Kriegsanleihe gegeben und waren für immer verloren. Das war jedoch nicht das Schlimmste, viel schlimmer, für immer unersetzbar waren die Opfer an Menschen, die in den Schlachten ihr Leben ließen. 158 Väter, Männer und Söhne konnten nicht mehr zu ihren Lieben zurückkehren. Sie ruhen in fremder Erde. Die Namen, die auf einer Ehrentafel in der Kirche angeführt waren, stehen im Verlustverzeichnis.
1915 und 1916 mußten auch die drei größten Glocken an den Staat für Kriegszwecke abgegeben werden.
Die Gründung des Frauenkirchenchores erfolgte am 31. Oktober 1917, anläßlich der Vierhundertjahrfeier der Reformation.
Im November 1918, nach dem Zusammenbruch der österreich-ungarischen Monarchie, marschierten die Serben bei uns ein, Der Name des Dorfes wurde seit der Ansiedlung (1786) zum erstenmal umbenannt, und zwar von Kischker in Maliker.
Die Ortsgruppe des Schwäbisch-Deutschen-Kulturbundes wurde am 5. Dezember 1920 gegründet.
1921 Wurden unsere bis dahin konfessionellen Schulen, die auch von der Kirchengemeinde verwaltet wurden, durch die jugoslawische Behörde verstaatlicht.
Der Name der Gemeinde änderte sich 1922 zum zweitenmal, und zwar auf Pribitschewitschewo.
Am 16. Januar 1924 trafen zwei neue Bronze-Glocken ein.
Am 11. April 1924 wurde der Schwäbisch-Deutsche-Kulturbund laut Beschluß der jugoslawischen Regierung aufgelöst.
Am 26. Februar 1925 wurde die Landwirtschaftliche Kredit- und Wirtschaftsgenossenschaft „Bauernhilfe“ als registrierte Genossenschaft m. b. H. gegründet. Am 25. Juli desselben Jahres kam die vierte und größte Glocke an, so daß unser Geläute wieder vollständig war.
Das erste Kino eröffneten 1925 die Landsleute Bach und Kreter. Karl Hütter erwarb es 1927 und baute es später mit seinem Schwiegersohn Adam Simon noch weiter aus.
1927 wurde die Kirche außen und innen renoviert. Im selben Jahre wurde auch die Gewerbekorporation und am 13. August 1927 der Fußballverein gegründet. Ende des Jahres konnte auch die Arbeit des Kulturbundes wieder aufgenommen werden.
1927 und 1928 zogen wieder einige in die Fremde. Es waren 70 Personen, die nach Argentinien auswanderten, von denen nach einigen Jahren 10 Personen zurückkamen. Nach Canada zogen 10, zurück kam eine Person. Nach Frankreich zogen 14 und eine Person kam zurück.
Erneut änderte sich der Name der Gemeinde, und zwar auf Batschko-Dobro-Polje.
1928 wurde die Sänger- und Jugendabteilung des Kulturbundes ins Leben gerufen. Die Gewerbekorporation wurde in diesem Jahre durch das Bezirksamt aufgelöst.
Die Elektrizitätsgenossenschaft wurde 1929 gegründet.
Am 16. März 1930 wurde die erneuerte Orgel im Rahmen einer schlichten Feier ihrer Bestimmung übergeben. Im selben Jahr eröffnete Landsmann Voll-weiter eine Apotheke.
Am 28. Mai 1930 wurde der Leichenverein in die Ländliche Wohlfahrtsgenossenschaft m.b.H. umgewandelt und bestand als deren Abteilung „Sterbekasse“ Weiter. Im selben Jahr wurde auch der evangelische Jugendverein gegründet. 65
Anfangs der 1930er Jahre wurden die beiden Schulgebäude nördlich der Kirche um zwei weitere Klassenräume vergrößert.
Die Einwohnerzahl bei der Volkszählung 1931 betrug 3662 Personen. Im selben Jahr wurde durch die Wohlfahrtsgenossenschaft deren Abteilung „Krankenvorsorge“ ins Leben gerufen.
1932 wurde die Gewerbekorporation wieder zugelassen. 1935 wurde der Jägerverein gegründet. Am 15. Mai 1935 war die Grundsteinlegung zum Bau des Lutherheimes. Die Einweihung des Kreiskrankenhauses der Wohlfahrtsgenossenschaft fand am 30. November 1935 statt. Am 1. März 1936 wurde der Deutsche Männergesangverein gegründet.
Im August 1936 konnte die Gemeinde ihr 15O jähriges Bestehen abhalten. Dies war Anlaß, Rückschau zu halten auf die Ereignisse und Begebenheiten der Vergangenheit. Aus einer Wildnis war durch Fleiß und Arbeit ein fruchtbares Land entstanden. In der Gemeinde war ein nie zuvor erlangter Wohlstand erreicht. Das Leid und die Wunden der oft schweren Vergangenheit waren verheilt. Frohen Mutes konnte man in die Zukunft blicken. Zur Durchführung der Jubiläumsveranstaltung wurde von der Gemeindeverwaltung ein Vorbereitungsausschuß gebildet.
Es waren viele Gäste aus der Urheimat unserer Ahnen, aus der Pfalz und den anderen südwestdeutschen Ländern, und von der jugoslawien-deutschen Volksgruppenführung anwesend. In einer umfangreichen Ausstellung konnte man landwirtschaftliche und handwerkliche Erzeugnisse und auch Trachten aus der Zeit der Ansiedlung und des 19. Jahrhunderts sehen. In einer herausgegebenen Festschrift waren die Geschichte der Gemeinde, die Abstammungs- und Herkunftsorte der Ansiedler sowie ausführliche Vereinschroniken festgehalten. Ein langer, schöner Festzug zeigte uns viele Handwerker- und Trachtengruppen sowie Querschnitte des bäuerlichen Lebens. Bei der Veranstaltung im Festzelt wurden die Leistungen unserer Ahnen allseits anerkannt und gewürdigt. In mehreren Veranstaltungen der Jugend wurde das Leben und Wirken der Ansiedler dargestellt.
Als bleibende Erinnerung und äußeres Zeichen wurde auf dem Friedhof ein Denkmal gesetzt. Eingemeißelt in den Naturstein war folgende Inschrift:
Unsre Ahnen
glaubensstark
in schwerster Not
haben sie die
Kraft gefunden
haben Land u.
Herd und Brot
unsre Heimat
uns errungen.
Zu Glauben treu
und Einigkeit
soll ihr Werk
uns stets ermahnen
auf das wir
bleiben allezeit
D e u t s c h
wie unsre Ahnen.
In den folgenden Jahren machte die wirtschaftliche Entwicklung sichtbare Fortschritte. Die Feldarbeit wurde durch die nun überall auftretenden landwirtschaftlichen Maschinen rationalisiert und erleichtert. Auch die Industriebetriebe und verschiedene Gewerbetreibende schafften sich neue Maschinen an.
In den Jahren 1937-1938 wurde die Frank´sche Hanffabrik erbaut. Es war eine weitere Verdienstmöglichkeit für viele Arbeiter.
Am 1. September 1939 hatte die Gemeinde einen Einwohnerstand von 3674 Personen.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges machte sich zunächst nicht arg bemerkbar. Es wurden zwar einige wehrfähige Männer zur jugoslawischen Wehrmacht eingezogen, die jedoch hauptsächlich in Arbeitskompanien zum Bunkerbau eingeteilt wurden. Auch mußten einige Pferde an den Staat abgeliefert werden. Erst nach dem Simovié-Putsch (Ende März 1941) spitzte sich die allgemeine Lage etwas zu. Als am 6. April 1941 der Krieg zwischen Deutschland und Jugoslawien ausgebrochen war, mußten angstvolle Tage und Nächte durchgestanden werden. Auch mußten sämtliche Jagdwaffen und die Radioapparate ins Gemeindehaus abgeliefert werden. Zu nennenswerten Ausschreitungen kam es jedoch nicht. Da bereits am ersten Kriegs- tag Belgrad von deutschen Flugzeugen bombardiert wurde, zog sich die jugoslawische Armee fluchtartig nach dem Süden zurück. Statt der erwarteten deutschen Truppen wurde die Batschka durch die ungarische Honved besetzt. Doch auch diese wurden freudig begrüßt, und man war froh, daß dieser Krieg so schnell vorbei war. Bis auf ein Todesopfer kamen alle eingezogenen Soldaten zurück. Nach diesem Umsturz normalisierte sich das Gemeindeleben nochmals für kurze Zeit. Schon im Jahre 1941 wurde eine weitere Hanffabrik, Hütter & Co., erbaut. Die Gemeinde erhielt auch wieder den Namen Kiskér.
Während des Sommers zogen öfter deutsche Truppen durchs Dorf. Der Jubel, mit dem sie empfangen wurden, war unbeschreiblich. Alles strömte auf die Hauptstraße mit Eßwaren, Kuchen und Getränken. Deutsche Fahnen waren schon überall vorbereitet und Quartierfragen gab es keine, denn jedes Haus wollte Soldaten haben. Von dieser Zeit an kamen immer wieder deutsche Soldaten besuchsweise ins Dorf; sie wurden jedesmal sehr gut bewirtet. Doch auch die andere Seite des Krieges zeigte sich am Horizont unserer Heimat. Ungarn war seinerzeit ein verbündeter Staat zu Deutschland und sollte nun auch seinen Teil zum Kriege beitragen. So mußten bereits im Spätherbst 1941 alle wehrfähigen Männer des Jahrganges 1920 zur Honved (Wehrmacht) einrücken. Auch wurden laufend ältere Jahrgänge zu Waffenübungen eingezogen. Das eigene nationale Blut sollte geschont bleiben, und so war es nicht verwunderlich, daß man mit Vorliebe Andersnationalen (Deutschen u. a.) in dieser Hinsicht den Vorrang gab. Auf Grund eines zwischenstaatlichen Abkommens konnte die deutsche Wehrmacht die wehrfähigen Volksdeutschen Ungarns zum deutschen Heer anwerben. Daß es die Mehrheit begrüßte, lieber deutscher als ungarischer Soldat zu werden, ist schon aus sprachlichen Gründen verständlich.
Am 6. April 1942 wurden schon die ersten 369 Männer unserer Gemeinde zum deutschen Wehrdienst eingezogen. Sie wurden ausschließlich den Verbänden der Waffen-SS eingereiht. Im Juni 1942 kamen bereits die ersten Todesnachrichten, und es schien, als wollte es kein Ende mehr nehmen. Dennoch mußten bereits im Oktober 1943 weitere 93 Mann den Wehrdienst antreten.
Auch auf eine andere Art machten sich kriegsbedingte Ereignisse bemerkbar: Pferde wurden laufend requiriert, Schweine, Weizen, Fett usw. wurden rationalisiert und mußten abgeliefert werden. Es fehlten auch Arbeitskräfte, und so mußten die Frauen und älteren Männer, welche schon einen Krieg erlebt hatten, nochmals mit zupacken. Da sich die Bombenangriffe auf die deutschen Städte laufend verstärkten, wurden die älteren Schulklassen in weniger gefährdete Gebiete verlegt. So kamen 1942 aus dem Raume Dortmund 97 Knaben mit drei Lehrkräften zu uns ins Dorf. 1943 waren es 85 Mädel und 11 Knaben mit drei Lehrkräften aus Hamburg. 1943- 1944 waren es 123 Knaben und 5 Lehrer aus Bielefeld. Alle Kinder waren in Privatquartieren untergebracht und konnten so ungestört ihrem Unterricht nachgehen.
Als das Jahr 1944 angebrochen war, ahnte in unserer Heimat wohl noch niemand, daß es das letzte Jahr sein wird, in dem wir zu Hause waren. Zwar überstürzten sich die Kriegsereignisse von Tag zu Tag und hie und da traten einige Partisanen in Erscheinung. Zum Schutze der Ernte wurden Bürgerwachen aufgestellt, durch deren Auftreten wohl Schlimmeres vermieden wurde. Im September 1944 wurden weitere 298 Männer und Jugendliche zur SS eingezogen. Es waren somit alle Wehrfähigen von 17 bis 50 Jahren beim Militär. In diesem Krieg waren 760 Männer von Kischker eingerückt, von denen 174 gefallen oder vermißt sind.
Ende September kamen bereits einige Flüchtlinge aus dem Banat, die vorübergehend einquartiert wurden. Die starke Übermacht der Russen drang schnell gegen die Batschka vor. Von militärischer Seite und von der Ortsleitung des Kulturbundes wurden die Leute zum vorübergehenden, kurzfristigen Verlassen der Heimat aufgefordert. Am 9. Oktober 1944 ver- ließ die erste Kolonne die Heimat. Auf den Wagen wurden nur die aller notwendigsten Kleider und etwas Lebensmittel mitgenommen. Am 11. Oktober fuhr die zweite Kolonne mit 180 Wagen fort. Es folgten noch einige, die mit der Eisenbahn oder Autos und nur mit Handgepäck fort konnten. Haus, Hof, Inventar und das Vieh blieben zurück, einem unbestimmten Schicksal überlassen. Etwa zwei Drittel der Einwohner unseres Dorfes flüchteten, etwa ein Drittel konnte sich dazu nicht oder zu spät entschließen, es waren auch viele alte Leute, die zurück blieben. Über das Schicksal beider Gruppen ist an anderer Stelle ausführlich berichtet.
Anfang Oktober 1944 - im 158. ]ahre ihres Bestehens - hatte die Gemeinde 3757 Einwohner; davon waren 3717 Deutsche und nur 40 Andersnationale. Im Ort waren 835 Wohnhäuser, 164 Sallasche in der Gemarkung, 1 Kirche, 1 Krankenhaus, 4 große Schulgebäude mit acht Lehrsälen, 2 Geldinstitute, 2 große Mühlen, 2 Hanffabriken, 1 Holzhandlung, 1 Ziegelei, 8 Gasthäuser, 1 Kino, 30 Geschäftsetablierungen verschiedener Art, 50 gewerbliche Betriebe, 5 Genossenschaftszweige unter einer Dachorganisation.
10.2 BAUERNTUM UND LANDWIRTSCHAFT
Trotz der im josephinischen Ansiedlungspatent gewährten günstigen Bedingungen hatten es die ersten Generationen unserer Ansiedlerahnen nicht leicht. Sie hatten sich mit den Oedflächen zu begnügen, die nicht von Ungarn oder Slawen bewohnt waren, und das waren oft verunreinigte, von Quecken und anderem Unkraut bewachsene Felder. Das in den Teichen stehende Rohr und Schilf mußte zuerst gerodet werden. Durch den Ausbau eines umfangreichen Grabennetzes wurde die Gefahr des in der Ansiedlungszeit oft hohen Grundwassers gebannt. Sie sahen sich plötzlich aus einer hoch entwickelten Kulturlandschaft in eine endlose Steppenlandschaft mit ausgedehnten Weiden und kaum nennenswerter Ackerwirtschaft versetzt.
Das veränderte Klima, das im Lande verbreitete Sumpffieber, die Cholera und Pest machten den Spruch zur Wahrheit:
„Dem Ersten der Tod,
dem Zweiten die Not,
dem Dritten das Brot.“
Viele unserer Ansiedlerahnen sanken deshalb schon im besten Alter dahin, gefällt von den feindlichen Naturkräften der neuen Heimat. Trotz dieser Bedrängnis ließen sie sich nicht unterkriegen. Ihre Ausdauer und Zähigkeit war beispielhaft. Den Lohn ihrer harten Arbeit erhielten erst spätere Generationen in reichem Erntesegen.
Nicht alle der in der alten Heimat üblichen Kulturen konnten sofort auf dem neuen Boden gepflanzt werden, denn auf dem frisch ungebrochenen Ackerland gediehen anspruchsvollere Hackfrüchte nur spärlich. Außer Rüben, Klee, Gemüse, Wein- und Obstbau brachten die Siedler den Hanf und die Kartoffel ins Land.
So kam es, daß ein Drittel des Ackerlandes anfangs mit Halbfrucht (Korn und Weizen gemischt) angebaut wurde. Das zweite Drittel war Haferfeld und das dritte Drittel war zur Hälfte mit Mais bebaut und zur anderen Hälfte brach gelegen. In letzter Zeit wurde fast die Hälfte des Landbesitzes mit Weizen angebaut, etwa 35 % wurde mit Mais bestellt. Der Mais wurde zum Mästen der Schweine, zur Fütterung der Pferde, der Kühe und des Geflügels verwendet. Das restliche Land wurde mit Hanf, Hafer und in den Kriegsjahren noch mit Sonnenblumen angebaut.
Gepflügt wurde bis um 1880 mit dem Holzpflug. Die ersten eisernen Pflüge wurden von den Dorfschmieden verfertigt. Um 1890 kamen die sogenannten „Silberpflüge“, d. h. Stahlpflüge, welche bei sorgfältiger Pflege spiegelblank waren. Schon nach kurzer Zeit kamen die Zweischarpflüge, die zum Flachpflügen verwendet wurden, so bei der Weizensaat und beim Stoppelschälen (abgeerntete Getreidefelder).
Gesät wurde anfangs mit der Hand. Wie treu dabei an dem Althergebrachten festgehalten wurde, zeigt folgendes. Vor dem Beginn der Aussaat nahm der Bauer den Hut ab und sagte:
„Ich säe dich aus meiner Hand,
Gott behüte dich vor Hagel und Brand.
Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist.“
Dann ging er gemessenen Schrittes auf einer Furche durch die Gewanne und streute durch die Finger taktmäßig die Saatkörner aus. Die Ackerfelder waren 7 Klafter und 2 Schuh breit, der Sämann machte 5 „Sottel“ (Saatgänge). Doch auch hier übernahmen in den letzten 50 ]ahren die Sämaschinen (Drillmaschinen) die Arbeit. Solche Sämaschinen fehlten auch im kleinsten Betrieb nicht.
In der ersten Zeit wurde das reife Getreide noch mit der Sichel geschnitten. Doch bereits 1795 kamen die Sensen in Gebrauch. Mit den maschinellen Einrichtungen der letzten Zeit hatte die Ernte ihren schweren Charakter verloren. Mit der Sense wurde nur noch ganz wenig gemäht. Wo mit dem „Ableger“ (Mähmaschine) gemäht wurde, hatte man das Seilmachen meist in Lohnarbeit vergeben. Als Lohn wurde der Weizen gerechnet, welcher sich in dem zu verarbeitenden Seilmaterial befand. Nach dem ersten Weltkrieg kamen in immer stärkerem Maße die Bindemäher auf. In den letzten Jahren wurde mehr als die Hälfte des Getreides schon mit Bindemähern geerntet.
Nach dem Einfahren des Getreides, das auf große Tristen (Garbenschieber) gesetzt wurde, begann auf den rund um das Dorf angelegten Tretplätzen das Treten des geernteten Getreides von morgens früh bis abends spät. Es war bei unseren Ahnen eine der edelsten Tugenden, der Fleißigste zu sein.
Das Treten war eine langwierige Arbeit, die über einige Wochen bis in den September hinein dauerte. Im einzelnen ging es etwa so vor sich: Es wurden einige Kreuze (18 Garben = ein Kreuz) von der Triste heruntergenommen, von den Seilen entledigt und zu einem Bett angelegt. Dann wurden die Pferde darüber getrieben, die dadurch die Körner aus den Ähren austraten. Das so gedroschene Stroh wurde vor dem Wegräumen gut ausgeschüttelt, und auf die Körnerschicht des ersten Bettes wurde dann ein neues angelegt. Je wärmer es war, desto trockener wurde das Getreide und die Körner fielen um so leichter aus. Gewöhnlich herrschte bei dieser Arbeit eine große Hitze, die Anforderungen an Mensch und Tier waren deshalb sehr groß. Wenn die Sonne unterging, wurde das Treten eingestellt und es begann das Putzen des Getreides, das von der Spreu gereinigt werden musste. Diese Arbeit dauerte bis spät in die Nacht hinein, und so hörte man um das ganze Dorf herum das eintönige Geklapper der Windmühlen bis Mitternacht.
Es waren auch die Zeiten vorbei, wo man bloß alle 6 Jahre einen Acker mit Stalldünger versorgte, und es wurde neben der zwei- bis vierjährigen Stalldüngung reichlich Kunstdünger gestreut. Im Zusammenwirken mit der besseren Bodenbearbeitung waren auch gegenüber früher die Ernteerträge höher. Zu dieser Bodenarbeit gehörte auch das sofortige Umpflügen der abgeernteten Getreidefelder. Dadurch wurde die Bodengare und die Feuchtigkeit erhalten. Wo man im Anfang 5-6 dz Weizen geerntet hatte, lag zuletzt der Ertrag bei 16-20 dz pro ]och (1 Joch = ca. 1600 Quadratklafter = 57,5 Ar). So war das Verhältnis bei Mais, von dem man über 20 dz pro Joch erntete. Für den Hanf, der zuletzt sehr rentabel war, lag die Ernte bei 50 bis 60 dz pro ]och.
Bei aller technischen Ausstattung der Betriebe war die Motorisierung noch nicht so weit fortgeschritten, doch war auch hier in den letzten ]ahren vor der Vertreibung durch die Anschaffung von Traktoren eine sehr starke Aufwärtsentwicklung zu verzeichnen.
Tagesablauf während der Erntezeit
Schon morgens um drei Uhr begann die Arbeit des Bauern. Da mussten die Pferde gefüttert, Essen verpackt, Wasser gefüllt und noch viele andere Arbeiten verrichtet werden. Im Felde angekommen, mussten die Sensen gedengelt und sogleich Seile zum Garbenbinden gemacht werden, denn um diese Tageszeit war das Getreide feucht vom Tau und deshalb vortrefflich zum Drehen von Seilen geeignet.
Zum Mähen musste das Getreide erst trocken werden, deshalb wurde vorher noch gefrühstückt. Dieses Frühstück bestand meistens aus Schmierkäse, Speck und Brot. Die Männer stellten sich dann mit ihren Sensen nach Alter und Kräften in die Reihe. Das Mähen ging ununterbrochen bis Mittag. Die Töchter und Mägde mußten das gemähte Getreide mit Sicheln in „Klecken“ sammeln und in die Seile einlegen, dann wurde es zu Garben gebunden. Gegen Mittag fuhr der Bauer nach Hause, um ein kräftiges Mittagessen und Wein zu holen.
Die Bäuerin, die die ganze Hauswirtschaft zu versorgen hatte, hatte das Essen schon zubereitet. Das Mittagessen wurde im Freien eingenommen. Am Abend wurden die Garben auf Kreuze geschlichtet, damit ein eventueller Regen nicht schaden konnte. Die Schnittarbeit dauerte drei bis vier Wochen.
Hanfanbau
Die durch die modernen Dreschmaschinen im Monat August gewonnene Zeit wurde durch den nun sehr stark vermehrten Hanfbau zum Teil ausgefüllt. Diese Kulturart erforderte ein mehrmaliges Pflügen des Bodens und eine kräftige Düngung. Auch beim Hanf wurde die Ernte zuletzt mit den Maschinen durchgeführt. Früher wurde der Hanf gerupft, was eine sehr schwere Arbeit war. Später kamen die Hanfmesser. Diese Messer ermöglichten es, größere Flächen zu ernten. Der geerntete Rohhanf wurde dann ins Wasser gebracht zum Rösten, denn dadurch löste sich die Hanffaser vom Stengel. Dann wurde das ganze getrocknet. In ganz trockenem Zustand wurde er in mehreren Arbeitsgängen, wie Brechen, Schwingen und Hecheln, aufgearbeitet. Daraus wurden früher Arbeitskleider und Getreidesäcke hergestellt. Dazu waren viele Weber notwendig. Diese Arbeit wurde im Winter als Heimarbeit mit Handwebstühlen ausgeführt. Mit dem Erbauen der Fabriken wurde kein Hanf mehr von Hand verarbeitet.
Der Mais
Die Felder zum Maisanbau wurden im Spätherbst sowie im zeitigen Frühjahr durch Düngung und Tiefpflügen vorbereitet. Ende April wurde der Mais gesetzt. Kurz nachdem die Pflanzen aus dem Boden geschlüpft waren, wurde gleich mit dem Hackpflug der Boden gelockert und anschließend von Hand gehackt. Nach etwa 8 bis 14 Tagen wurde er ein zweites Mal gehackt und ausgelichtet (es blieb nur ein Stock stehen), anschließend wurde er angehäufelt. Bei normaler Witterung gedieh der Mais in unserer Gemarkung ausgezeichnet.
Die Maisernte (das Brechen) war bei uns im September. Bei schönem Wetter war diese Arbeit eine der liebsten des Bauern. Bei Regenwetter, das nicht selten war, mußten die Menschen durchnäßt und frierend arbeiten. Zur Zeit des Kukuruzbrechens sah man ganze Wagenkolonnen, mit Mais beladen, dem Dorf zustreben. Die Vorfahren brachen den Mais samt der Schale und fuhren ihn nach Hause, dort wurde er abgeladen und geschält.
Bei dieser Arbeit half alt und jung bis spät am Abend.
Nach dem Bau der ersten sogenannten „Tschardaken“ (Maistrockenräume) um 1840 durch Nikolaus und Heinrich Bayer ging man allmählich dazu über, den Mais gleich auf dem Acker zu schälen. Es ersparte eine Menge Arbeit. Im Tschardak wurde der Mais bis zum Frühjahr zum Trocknen gelagert und dann gerebelt. Das Maislaub wurde geschnitten, in Bündel gebunden, zum Trocknen einige Tage aufgestellt. Doch mußte es so schnell wie möglich vom Feld geräumt werden, damit der Acker zur Vorbereitung für die nun folgende Weizensaat frei war. Das Maislaub diente zur Fütterung der Kühe und Pferde; wenn es trocken auf „Kasten“ eingebracht war, war es fast so gut wie Heu. Der Maisstengel und die Kolben wurden zu Heizzwecken verwendet. Es war ein Ersatz für die fehlenden Wälder.
Zusammenfassend sei noch angeführt, was in einem Jahr an landwirtschaftlichen Produkten in unserer Gemeinde geerntet wurde: Weizen = 90 O00 dz, Gerste = 6000 dz, Hafer = 15 O00 dz, Mais = 150 000 dz, Hanf = 100 000 dz und Sonnenblumen = 18 000 dz. Ende September 1944 waren im Eigentum der Kischkerer 4800 Joch Ackerland auf eigener und 8000 ]och auf fremder Gemarkung (in Nachbargemeinden) = 7360 Hektar. Darauf waren 164 Wirtschaftshöfe (Sallasche), von diesen waren auf eigener 60 und 104 auf fremder Gemarkung. Viehbestand war folgender: Pferde = 710 Stück, Fohlen = 60 Stück, Hornvieh = 3600 Stück, Schweine = 6000 Stück. Dies war neben den Erntevorräten, die in den meisten Wirtschaften aus den Ernten der letzten zwei Jahre vorhanden waren, die Substanz, aus der sich das Gemeinwesen zusammensetzte, das für fast 4000 Menschen Lebensgrundlage war und das diesen Menschen willkürlich und wider alle Menschenrechte entzogen wurde.
10.2 DIE ENTWICKLUNG DER INDUSTRIE
Die sprichwörtlichen Tugenden der Kischkerer - Fleiß, Sparsamkeit und Arbeitsfreudigkeit waren die Grundlagen zur Erreichung ihres allgemeinen Wohlstandes, der zur wirtschaftlichen Ausdehnung führte. Nicht nur, daß die Landwirte mit ihren Feldkäufen sich den umliegenden Ortschaften näherten, auch die Gewerbetreibenden und Kaufleute wie auch die entstandenen Industrien: Mühlen, Hanffabriken, die Ziegelei erfreuten sich eines guten Rufes und hatten einen großen Kundenkreis aus der ganzen Umgebung, den sie sich nicht nur erhalten, sondern aufgrund ihrer guten Leistungen stets vergrößern konnten. Die schweren körperlichen Arbeiten der Einwohner erforderten auch reichliche und kräftige Ernährung. So wurde besonders viel Fleisch gegessen. Zur Ergänzung des Fleischwarenbedarfes dienten die eigenen Hausschlachtungen von Schweinen. Die Bratwurst aus Kischker hatte infolge ihres vorzüglichen Geschmackes den besten Ruf in der ganzen Gegend. Die nebenberuflichen Schlachter aus Kischker waren überall gesucht. Unsere Kischkerer hatten auf ihrem Speisezettel auch Kartoffeln und - je nach Jahreszeit - verschiedenes Gemüse als Zuspeise. Was aber bei keiner Mahlzeit fehlen durfte, das war das gute Kischkerer Brot, das von den Hausfrauen selbst gebacken wurde, und zwar in runden Laiben mit einem Gewicht von 6-10 Pfund. Zur Herstellung dieses Brotes mußte man gutes Mehl haben, welches aber von guten Mühlen gemahlen werden mußte. Trotz der anfänglich mangelhaften Mühleneinrichtung konnten unsere damaligen sogenannten Roßmühlen aus dem vorzüglichen Weizen ein gutes Mehl erzeugen, das alsbald in der ganzen Umgebung bekannt und gesucht war. Die Antriebskraft war die Pferdekraft, weil der Antrieb auf die Pferdegespanne angewiesen war. Das Antriebswerk, in das die Pferde gespannt wurden, glich einem riesigen Göpel, das mit einem zirkusähnlichen Dach, das jedoch mit Dachziegeln gedeckt war, versehen wurde. Schlechtes Wetter konnte also den Betrieb nicht stören. Oftmals wurden gerade die Schlechtwettertage zum Mahlen benutzt, weil man auf dem Felde nicht arbeiten konnte. Im Mühlengebäude, das mit dem Dach des Antriebswerkes verbunden war, wurde die damals gebräuchliche Mühleneinrichtung untergebracht. Diese bestand aus einem Mühlsteinpaar, von welchem der untere stehend, der obere Stein rotierend angebracht war. Der vom Bauer vorgereinigte Weizen wurde durch die Aufschütt- und Einlaufvorrichtung zwischen die in Betrieb befindlichen zwei Steine laufen gelassen und vermahlen. Das so entstandene Mahlgut wurde vom Müllermeister mit einem feinen Handsieb gesiebt. Der Siebdurchfall war das Mehl. Der im Sieb verbliebene gröbere Teil des Mahlgutes wurde noch ein- oder zweimal durch die Steine gemahlt, bis das Mehl alles aus der Schale herausgesiebt und der im Sieb verbleibende Rest als Kleie zu Futterzwecken verwendet werden konnte. An Stelle der Handsiebe kamen später die mit feinen Geweben hergestellten Beutel in Betrieb, die durch ein Rüttelwerk in Bewegung gesetzt wurden und so das Sieben des Mahlgutes ohne Handarbeit versahen. Nach einem Jahrzehnt wurden diese Beutel durch die Zylindersichter, die mit Seidengaze überzogen waren, abgelöst. Diese waren 3 bis 5 Meter lang. Das Mahlgut lief an einem Ende hinein, das Mehl wurde durch den rotierenden Zylinder gesiebt und die Kleie kam am anderen Ende heraus. Durch diese Einrichtung wurde das Mehl viel backfähiger und das Mahlen ging flotter.
Unternehmen bis zur Flucht:
- Motormühle Jaki 1852-1944
- Motormühle Hütter und Will 1891-1944
- Ziegelei Christian Heinz 1892-1944
- Franksche Hanffabrik 1935-1944
- Hanffabrik Hütter & Co. KG 1941-1944
10.4 GEWERBE
Das Gewerbe war bei der Ansiedlung noch schwach Vertreten, entwickelte sich aber infolge des steigenden Bedarfes sehr schnell. Auf welch hoher Stufe das Handwerk in jener Zeit stand, bewiesen uns die im Jahre 1936 bei der Hundertfünfzigjahrfeier der Gemeinde in der Handwerksschau ausgestellten Erzeugnisse. Es waren Vorwiegend Tischler- und Schneidererzeugnisse sowie viele landwirtschaftliche Geräte und Werkzeuge, die noch aus der Zeit der Ansiedlung stammten. Diese Erzeugnisse konnten den späteren Generationen als Muster dienen und wurden noch bis zur Vertreibung aufbewahrt.
In den Jahren bis zum ersten Weltkrieg erlebte das Handwerk sein goldenes Zeitalter. Alle Zweige des Gewerbes blühten, die Erzeugung wurde auf das höchste gesteigert. Nach dem Krieg trat in der Erwerbsmöglichkeit eine Wende ein, die fast den Zusammenbruch des Gewerbestandes herbeiführte. Ursache war die damalige Wirtschaftskrise so auch die teilweise Industrialisierung einzelner Gewerbezweige.
Um den immer größer werdenden Schwierigkeiten besser entgegentreten zu können, wurde die Gewerbekorporation (Gewerbepflichtverein) mit 126 Gewerbetreibenden als Mitglieder gegründet. Die Gründung erfolgte im Jahre 1927. Zum Vorsitzenden wurde Jakob Hütter, zum Schriftführer Philipp Hütter und zum Kassier Heinrich Mell gewählt. Doch wurde unsere Korporation 1928 durch das Bezirksamt wegen angeblicher politischer Betätigung des Vorstandes aufgelöst.
Da 1932 ein Gesetz erlassen wurde, daß sämtliche Gewerbekorporationen, die nicht über 150 Mitglieder haben, aufzulösen sind, wurde durch das Bezirksamt versucht, unsere Korporation der Neuwerbaßer Gewerbekorporation anzuschließen. Bei einer Tagung in Werbaß war dann unsere Korporation durch Martin Schmidt vertreten, dem es auch gelang, den Anschluß zu verhindern und eine Neugründung in unserer Gemeinde zu erreichen.
Noch im selben Jahr wurde die gründende Versammlung einberufen und eine Neuwahl des Vorstandes vorgenommen. Zum Vorsitzenden wurde Martin Schmidt, zum Schriftführer Philipp Hütter und zum Kassier Heinrich Mell gewählt. Somit konnte die Tätigkeit wieder aufgenommen werden. Die Mitgliederzahl hatte sich auf 155 erhöht. Sämtliche Arbeitsgebiete wurden erweitert. Für Lehrlinge wurden Fachkurse abgehalten. Die jüngeren Handwerker hatten Möglichkeiten, sich an verschiedenen Lehrgängen zu beteiligen. Auch konnte in den Kriegsjahren die Korporation ihre Tätigkeit Weiter ausüben, bis die Gemeinde im Oktober 1944 infolge Kriegseinwirkungen aufgegeben werden mußte.
In unserer Gemeinde waren folgende Gewerbetreibende vertreten:
21 Maurer, 19 Schneider, 16 Rasierer, 15 Tischler, 15 Zimmerleute, 13 Schmiede,
8 Schuhmacher, 7 Fleischhauer, 7 Bäcker, 5 Wagner, 4 Schlosser, 4 Spengler, 4 Maler,
4 Riemer (Sattler), 3 Seiler, 2 Färber, 2 Binder (Küfer), 2 Elektriker, 2 Gärtner, 1 Kunststeinerzeuger (Steinmetz), 1 Glaser, 1 Uhrmacher, 1 Stricker, 1 Fotograf, 1 Korbmacher, 1 Kürschner und 8 Gastwirte.
Genossenschaften: Gründungsjahre
- 1922 Die Bauernhilfe
- 1922 Elektrizitätsgenossenschaft
- 1925 Viehzuchtgenossenschaft
- 1910 Der Landwirtschaftliche Bankverein
10.5 ÜBER DEN HANDEL
Von Ludwig Schwarz, Kaufmann
In Kischker konnte sich kein reger Handel entwickeln, da bei dem Bau der Hauptlinie unseres Eisenbahnnetzes im ]ahre 1882 der von der Eisenbahnverwaltung östlich neben der Gemeinde vorgesehene Schienenstrang und ein großer Verkehrsbahnhof von der damaligen Gemeindeverwaltung abgelehnt wurden. Die Eisenbahnlinie wurde dann ca. 1,5 km westlich vom Ort gelegt und hatte nur eine Haltestelle für den Personenverkehr. Bis 1914 hatte die Gemeinde in Winterszeiten mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen, da bis dorthin nicht eine einzige Steinstraße bestand. Die einzige Kunststraße wurde 1914 nördlich gegen Werbaß und südlich gegen Altker erbaut. Diese Straße war für uns von großer wirtschaftlicher Bedeutung, weil sie die wichtigste Verkehrsader der mittleren Batschka bildete und wir mit den wichtigsten Handelsstädten und Gemeinden, wie Sombor, Subotica, Neusatz und Werbaß, in Verbindung standen. Werbaß bildete für uns einen Mittelpunkt, da unsere Spezereikaufleute fast sämtliche Waren von dort bezogen, die- Landwirte ihr Getreide in die dortigen Lagerhäuser oder zum Kanal liefern konnten; außerdem konnten wir unsere Kinder in die dortige deutsche Lehrerbildungsanstalt, die deutsche Bürgerschule und in das Gymnasium schicken.
Die Verbindung nach Süden, mit Altker und Neusatz, hatte auch eine große wirtschaftliche Bedeutung. Mit Altker dadurch, daß wir nur 5 km entfernt lagen und sämtliche Waren, die als Frachtgut mit der Bahn kamen, vom Bahnhof Altker abgeholt wurden; die Landwirte konnten dort ihr Getreide in Waggons verladen. Neusatz war von Bedeutung, weil es Gebietshauptstadt ist und wir unsere Bodenerzeugnisse dort gut absetzen konnten.
Wer der Besitzer des ersten Ladengeschäftes in Kischker war, läßt sich nicht mehr feststellen. Lediglich über den Umfang eines Ladens aus der Ansiedlungszeit kann man sich einen, wenn auch schwachen Begriff machen. Groß kann ein solcher Laden keineswegs gewesen sein. Der Warenbestand dürfte auch recht klein gewesen sein, denn unsere Ahnen stellten gewiß in ihren bescheidenen Verhältnissen keine großen Ansprüche.
Soweit der Verfasser dieses Artikels zurückblicken kann, waren in den ersten 100 Jahren meist lsraeliten die Händler, sowohl in der Versorgung des Ortes mit Industrie-erzeugnissen als auch in der Ausfuhr der landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Im Jahre 1842 eröffnete der erste deutsche Kaufmann, Adam Simon, einen Laden. Von dieser Zeit an zogen sich die Israeliten allmählich zurück, so daß im Jahre 1895 der letzte Jude seinen Laden sperrte und unsere Gemeinde verließ.
Im Jahre 1866 wurde das erste deutsche Schnittwarengeschäft durch Josef Simon gegründet, nebenbei führte Simon auch Spezereiwaren. Von dieser Zeit an wurde die Kaufkraft unserer Bürger immer besser, so daß sich bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges in unserer Gemeinde bereits 3 Schnittwaren- und 17 Spezereiwarengeschäfte mit 2 Eisenhandlungen befanden.
Die Entwicklung zwischen den beiden Weltkriegen ging trotz einiger Krisenjahre stetig aufwärts. Die Einrichtungen der Läden war im Vergleich mit den städtischen Läden vollkommen neuzeitlich, auch waren unsere Kaufleute den neuzeitlichen Anforderungen gemäß weit über die dörflichen Verhältnisse hinaus mit den verschiedensten Waren ausgestattet. Was ganz besonders angenehm wirkte, war die Reinlichkeit in den Läden und die Sauberkeit der Abwicklung der Geschäfte.
Von den einzelnen Unternehmen wäre besonders die Textilgroßkaufmannsfirma Adam Jaki zu erwähnen. Jaki fing 1904 als Einzelhändler an und konnte sich durch die Übernahme von Fabriksvertretungen großer deutscher Firmen aus dem Reichsgebiet, hauptsächlich in Herren- und Damenstoffen sowie Damasten, zum Großkaufmann emporarbeiten. Der Umsatz dieses Geschäftes ging jährlich in Millionen Dinar und die Firma zählte zu den führenden Textilgroßhandlungen der Batschka. Beim Verlassen unserer Gemeinde im Jahre 1944 waren außerdem folgende Geschäftszweige vertreten: 3 Textil- und Kurzwarengeschäfte, 2 Textil-, Kurz- und Spezereiwarengeschäfte, 1 Kurz- und Wirkwarengeschäft, 3 Eisen- und Spezereiwarengeschäfte, 2 Porzellan-, Spielwaren-, Kurz- und Spezereiwarengeschäfte,
1 Kurz-, Hüte- und Spezereiwarengeschäft, 16 Kurz- und Spezereiwarengeschäfte, 1 Holz-handlung, 8 Vieh und Getreidehändler und 6 Obst- und Gemüsehändler.
10.6 Gutachten zwecks Lastenausgleich
Zur Erinnerung
Es waren die deutschen Bauern im Banat und der Batschka, die das Sumpfland mit Blut und Schweiß zur Kornkammer Pannoniens machten! Das darf nicht vergessen werden.
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Institut für landwirtschaftliche Betriebs- und Arbeitslehre an der Christian-Albrecht-Universität
Direktor: Prof. Dr. G. Blohm
GUTACHTEN zur Bewertung der deutschen Bauernwirtschaften im Banat und in der Batschka zwecks Lastenausgleiches.
Vor dem Zusammenbruch 1945 war ich Inhaber des Lehrstuhls für landw. Vertriebs- und Arbeitslehre an der Technischen Hochschule in Danzig und an der Universität in Posen. Ich habe während dieser Zeit mehrmals die Batschka in Jugoslawien und das Banat in Rumänien besucht, um deutsche Bauernwirtschaften in ihrer betriebswirtschaftlichen Situation zu studieren. Ich habe auch durch Studenten, die aus dem Südosten stammten, eingehende betriebswirtschaftliche Untersuchungen an deutschen Bauernwirtschaften dieser Gebiete durchführen lassen. Es war mir daher möglich, einen guten Einblick in die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse der deutschen Bauernwirtschaften zu erhalten. Ich möchte daher zur Erleichterung der Taxation der Betriebe Anregung geben: Sowohl die Batschka wie das Banat verfügten in der tiefgründigen Schwarzerde auf Lössboden über die wertvollsten Ackerböden, die überhaupt in Europa zu finden sind. Ein ähnlicher Boden existiert in Deutschland in der Magdeburger Börde, der aber nur in den besten Gemeinden die Qualität der Schwarzerde von Banat und Batschka erreicht. Infolgedessen lag auch der Reichsspitzenbetrieb der Reichsbodenschätzung auf Bördeboden im Kreise Catbe, ebenfalls Schwarzerde auf Löss. Teilweise litten die Böden im Frühjahr unter Nässe.
Es waren aber in den Jahrzehnten vor dem Kriege genügend Entwässerungsanlagen geschaffen worden, um diesen Übelstand zu beseitigen. Der gute Schwarzerdboden lieferte beachtliche Erträge bei einem für unsere Verhältnisse unwahrscheinlich geringen Aufwand an Arbeit und Düngung. Kunstdünger wurden wenig angewandt; die Wirkung war auch durch die klimatischen Verhältnisse sehr beschränkt.
Auch die Anwendung von Stalldünger war, verglichen mit deutschen Verhältnissen, gering, erübrigte sich auch dank des hohen, natürlichen Humusgehaltes der Böden.
Die wichtigsten Einnahmen der deutschen Betriebe stammten aus dem Verkauf von Weizen, Schweinefleisch und Hanf, insbesondere in der Batschka. Die deutschen Bauern hatten zur Verwertung des Mais eine sehr intensive Schweinemast aufgezogen und zu diesem Zweck das deutsche Edelschwein und das veredelte Landschwein aus Deutschland eingeführt, das zu den besten Resultaten führte. Da die Preisrelationen zwischen Mais und Schweinen außerordentlich günstig waren, kauften die deutschen Bauern über die eigene Produktion hinaus sehr viel Mais von den einheimischen Bauern zu, um auch diesen noch in der Schweinemast zu verwerten. Die Schweine wurden exportiert nach Osterreich, der Tschechoslowakei und Deutschland.
Der Besatz an Gebäuden war in den deutschen Betrieben gut und ausreichend.
Verglichen mit den deutschen Bauernwirtschaften war der Aufwand im Verhältnis zur Leistung erstaunlich gering. Man konnte in guten Betrieben damit rechnen, dass in dieser Beziehung die Ausgaben höchstens 50% der Einnahmen betrugen, während wir in Deutschland zufrieden sein müssen, wenn die Ausgaben 70-75% der Einnahmen nicht überschreiten. Der Grund hierfür lag in einer verhältnismäßig aufwandschwachen Wirtschaftsweise, die auf den guten Böden trotzdem beachtliche Erträge erzielte und in den Löhnen und Lasten (Steuern usw.). Infolgedessen erreichten die deutschen Bauern in der Batschka und im Banat einen Lebensstandard, der nur mit den besten und wohlhabendsten Bauernwirtschaften des Reiches verglichen werden kann. Die Deutschen Bauernwirtschaften von Batschka und Banat gehörten ohne Zweifel zu den wohlhabendsten Bauern Europas überhaupt. Das wirtschaftliche Niveau der deutschen Bauernwirtschaften lag sehr erheblich über dem der rumänischen und jugoslawischen.
Dies geht insbesondere aus der Tatsache hervor, dass alle deutschen Gemeinden, die an eine rumänische oder jugoslawische Gemeinde angrenzten, sehr viel Boden zukauften. Der Bodenbesitz in fremden Gemeinden betrug bei den deutschen Bauern häufig 50% und mehr des Eigentums in der eigenen Gemeinde.
Die starke Überlegenheit der deutschen Bauernwirtschaften gegenüber den in Jugoslawien und Rumänien war begründet durch ihren Fleiß, bessere Wirtschaftsweise und nicht zuletzt durch die Entwicklung der äußerst rentablen Schweinemast. Gezeichnet: Blohm
Seite 16 Auszug aus den Mitteilungen der Donauschwaben Nr. 2 v. 15. April 2020
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Zum Schluss wäre noch zu bemerken, dass das gesamte Feld (Ackerland, Wiesen und Weingärten) der Volksdeutschen in der Vojvodina, das 389.256 ha betrug, vollständig vom Staat konfisziert wurde. Darin ist das Feld der katholischen und evangelischen Pfarreien nicht enthalten. Von den landwirtschaftlichen Flächen, die Insgesamt in der Vojvodina vom Staat vereinnahmt wurden, betrugen die der Volksdeutschen etwa 60%. In manchen Ortschaften war es so, dass die Volksdeutschen Bauern so nach und nach den andersnationalen Bauern, hauptsächlich den Serben, das Feld buchstäblich bis vor die Haustür abgekauft haben! Der Bericht wurde zusammengestellt von J. V. Supritz, im März 2020
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