Kischker  1786 - 1944                                                ein donauschwäbischer Ort in der Batschka 
heute:  
Bačko Dobro Polje - Vrbas  in der Vojvodina gelegen.           

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     18   Reisen

  • 18.1  Erinnerungen an frühere Reisen
  • 18.2  Private Reiseplanung
  • 18.3  Reise 2011
  • 18.4  Reise 2013
  • 18.5  Reise 2014

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Wenn du reisen willst, musst du die Geschichte des Landes kennen und lieben.   Theodor Fontane, Dichter 


18.1    Reise-Erinnerungen 



Schöne auffallende Rose in einem Hof in der Östlichen Reihe

in Gischgeer - 2023

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Schwarze Maulbeere - An der Hutweide

                         


Weiße Maulbeere - In der Östlichen Reihe





18.2  Anregung zur privaten Reiseplanung nach Kischker – Bačko Dobro Polje – in der Vojvodina, Serbien.


Hier möchte ich  Erfahrungen von privaten Reisen nach Kischker und in die Batschka weitergeben.

All Ihre Anregungen und Fragen sind erwünscht!    Email: 03w-neumann(at)web.de 

 




"Wer darch Kischker fahrt ohne g'foppt,
  darch Schowe ohne geroppt 
  un darch Bulkes ohne gekloppt, 
  der kummt darch die ganz Welt."       


Mit dem Flugzeug:
Die Anreise in die Batschka kann mit dem Flugzeug von Frankfurt, Stuttgart oder Karlsruhe/B.-Baden direkt nach Belgrad erfolgen. Natürlich auch noch von anderen Airports. 

Mit Bus, Pkw oder Fahrrad: 
Moderne Reise-Busse (Euroline, Flixbus) fahren von Karlsruhe nach Novisad.      Abfahrt 15:00 Uhr - Ankunft 8:00 Uhr
Vielleicht probiere ich den mal aus? Natürlich kann man auch mit dem eigenen Auto fahren. Die Autobahn ist durchgehend von Karlsruhe bis Vrbas (ca. 1.250 km) und weiter nach Novi Sad, Belgrad und ... .
2012 habe ich dies mit dem PKW gemacht und ohne Reservierung im Motel Mandic an der Autobahn übernachtet. (10,00 Euro) Diese Raststätte steht auf der ehemaligen Gemarkung von Kischker, ca. 2 km östlich vom alten und neuen Kischkerer Friedhof.

Vom Motel Mandic  könnte man – bei gutem Wetter – nach Kischker laufen. (ca. 2 km)

Ein junges Paar das 2017 mit dem Fahrrad in Kischker war, hat im Zelt auf der Hauptkreuzgasse übernachtet. Ihr Großvater stammt aus Kischker. Auch das geht!

Mit dem Flugzeug: 
Am Flughafen in Belgrad haben wir das voraus gebuchte Fahrzeug - bei Sixt - in Empfang genommen und sind nach Vrbas bzw. Kula (ca. 110 km) in unser Hotel gefahren. 2 Freiwillige sollten sich als Fahrer zur Verfügung stellen. 
Taxifahrt vom Flughafen nach Vrbas kostet ca. 50,00 Euro. (rund ½ Euro pro Kilometer)  Mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert diese Fahrt einige Stunden - kostet aber fast nichts.
 
Hotels:
Wer  3-5  Sterne  Hotels  nach  deutschem  Standard  sucht,  sollte  sich  nur  in  Novi Sad  umschauen.  (35 km nach Kischker)
Mit kleinen Gruppen, die wir waren, wollten wir in der Nähe von Kischker unser Domizil haben. Drum haben wir bei unseren Reisen Vrbas (8 km) oder Kula (14 km) für unser Basislager ausgewählt.
Die Meinungen der Mitreisenden zu den Hotels waren, von na ja..., bis es geht...! Man muss da aber auch den Preis von 20,00 – 28,00 Euro pro Person mit Frühstück sehen.

Reservieren kann man per Email - was absolut problemlos ist.
 
Die Hotels: In allen Hotels gibt es kostenlos WLAN
 
CFK, Vrbas             - 2019
Golden Star, Kula   - 2018  
Backa, Vrbas           - 2017, 2014,         
Motel Mandic         - 2012    an der Autobahn bei Kischker
Hotel Srbobran       - 1988   in Sentemarsch gibt es nicht mehr

Da das Frühstück  üppig war, fiel  das Mittagessen in der  Regel  aus  -  nachmittags  gab es dafür Kaffee und ein Stück Kuchen.
Abends haben wir meistens im Restaurant des Hotels gegessen. Die Menüs in der Batschka sind sehr fleischlastig! Es gibt aber auch vegetarische Gerichte.
Diejenigen, die ohne Ortskundige in Kischker und der Batscka sind, finden auf unserer Homepage für verschiedene Stellen und Orte die 
„Geo-Koordinaten“. Ein Tablet mit einem Internetzugang für Serbien wäre da hilfreich.
 
In Kischker:
Da unser Kischker einen einmaligen, einprägsamen Grundriss hat, findet man sich schnell zurecht.
Die ersten Schritte in Kischker führten uns immer zu unserem schönen, wieder errichtetem Ahnendenkmal auf dem neuen Friedhof, nur ein paar Meter weg von dem Platz, wo es zu Kischkerer Zeit stand. Hier legten wir Blumen ab und gedachten der Ahnen.

Wer das Haus seiner Eltern- oder  Großeltern besuchen will, machte  sich  alleine  oder  in Begleitung der Gruppe auf den Weg.

Heute kann man sich ohne angefeindet zu werden, frei in Kischker bewegen.
Bei den Neubürgern von BDP ist es angekommen, dass kein in Deutschland lebender Kischkerer oder deren Nachkommen, einen Antrag auf  Rückübertragung seines Vermögens, an den serbischen Staat gestellt hat. Durch das Restitutionsgesetz hatten viele Bewohner Angst, dass sie ihr Haus an Deutsche zurückgeben müssen. Wobei dies vom serbischen Staat nie so vorgesehen war.
Ruhig mutig mit den neuen Bewohnern Kontakt aufnehmen. Nur ganz wenige der Neubürger verhalten sich distanziert. Leider sprechen nur ganz wenige Deutsch und wir kein Serbisch. Aber irgendwie schafft man es immer, sich zu verständigen. Die Mehrheit der serbischen Jugend spricht gut Englisch. 

Massengräber in Kischker:
Für den Besuch des Massengrabes an der Bahnlinie sollte es trocken sein - für die ca. 2.500 Meter auch gut zu Fuß sein. Die 1.500 Meter bis zum Bahndamm können eventuell auch mit dem Auto zurückgelegen werden. Die beiden Massengräber - am Ziegelofen und der Hanffabrik - können fast immer aufgesucht werden.
So haben wir viele Tage in Kischker verbracht, auch mal im Cafe sitzend - das Erlebte verarbeitend. 

Vrbas - Werbaß:
Zwischendurch auch für Werbaß ein paar Stunden abgezweigt. Im Spätjahr ist ein Besuch der Märkte immer sehenswert. Unmengen von Paprika, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch u. a. Erzeugnisse aus der Batschka werden dort angeboten. In der Bäckerei auch ein Stück “Mohnstrudel“ kaufen. Schmeckte fast so gut wie der von der Mutter oder Großmutter. 
Brodwarscht "Kobasica za Przenje" wie zu Kischkerer-Zeit gibt es nicht mehr - etwas ähnliches schon. 

Jetzt zur näheren Umbebung von Kischker:
Altker – Zmajevo, Schowe – Ravno Selo und auch Kutzura sind einen Abstecher wert. Dieses sind die Orte, in die auch viele familiäre Verbindungen und Freundschaften bestanden. 

Auf den Spuren der Ansiedler:
Ein Muss bei fast jedem Besuch war, mindestens einmal ein Teil des Weges zu gehen (fahren), den die Ansiedler 1786 auf dem Weg in ihren neuen Heimatort gegangen sind und das meistens zu Fuß. 

Ein Teil davon war auch der Weg bei der Flucht im Oktober 1944.

Ulmer Schachtel

Apatin an der Donau:
Hier kamen die Ansiedler mit den “Ulmer Schachteln“ auf der Donau an und gingen an Land. Da wurden sie mit dem Notwendigsten versorgt und machten sich zu Fuß auf den Weg nach Sombor, um sich im Ansiedlungs-Rentamt - Grassalkovich Palais - registrieren zu lassen. 


Donau bei Apatin


Beim Spaziergang auf dem Dammweg wechselt man einige Male vom serbischen in das kroatische Staatsgebiet ohne es zu merken. Lediglich eine Polizeistation zeugt davon.

Im Restaurant an der Donau gab es ein gutes Fischpaprikasch aus dem Kessel. 2017 (ab 3 Personen) 






Sombor:

Grassalkovich Palais

Ein unbedingtes Muss ist das Gebäude der Kameraladministration, damals wie heute noch nach dem Grafen Grassalkovich, als “Grassalkovich Palais“ bezeichnet.
Dieses Haus war die erste Station der deutschen Siedler nach der Anlandung in Apatin. Hier im Ansiedlungs-Rentamt - wie es damals hieß - mussten sie sich melden und übernachteten da so lange, bis sie einem Dorf zuge-wiesen wurden.
Das Palais ist noch in vielen Teilen aus dieser Zeit erhalten. Besonders die trockene Einfahrt mit dem Eingangstor hat es mir angetan.

Das "Donauschwäbisches Museum" unter Mithilfe des “Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm“ - im Grassalkovich Palais - ist eröffnet.



 





Der Eingang ist von der linken Seitenstraße

 - der ul. Zmai Jovina

Für die Stadtbesichtigung - mit ihrem Habsburger Flair - sollte man sich ein bisschen  Zeit reservieren! 

http://sombor-blog.de/             http://www.gerhardsombor.org/de/ganzohr-10-Grassalkovich-Palais.html


Gedenkstätte Gakova



Gakova:
Die “Gedenkstätte Gakova“ liegt etwa 12 km nördlich von Sombor. Im damaligen Vernichtungslager haben viele Tausende unserer Landsleute ihr Leben verloren - überwiegend Alte, Frauen und Kinder.

 




Gedenkstätte Jarek



Jarek:
Die “Gedenkstätte Jarek“ die erst 2017 eingeweiht worden ist, liegt neben dem neuen Friedhof.
Auch hier sind viele Tausend unserer Landsleute umgekommen.
 
 An der Hauptstrasse in Jarek stehen noch einige schöne, alte Donauschwaben-Häuser. 




Novi Sad - Neusatz:


Die Hauptstadt der Vojvodina ist eine moderne Stadt (400.000 Einwohner), in der sich scheinbar die Jugend versammelt. (Uni)
Tipp: Die Donaustraße (Shopping) bis zur Donau laufen, hier ergibt sich ein schöner Blick nach Peterwardin mit der Festung. 

Novi Sad -Neusatz- mit Blick über die Donau nach Peterwardin mit der Festung


Dies ist ein Reise-Überblick über unser schönes Kischker und die Batschka, wo unsere Vorfahren viel Schweiß und Blut vergossen haben.
Wir dürfen unser Kischker  wie  es  einmal  war,  nie  vergessen.  Solang  wir  es  besuchen,  wird  es  nicht  vergessen  werden. Natürlich gibt es auch noch viele andere Gedenkstätten und interessante Stellen in der Batschka und Serbien. 

(Subotica, Belgrad u. a.) 


Im Internet oder einem Reiseführer sind viele Anregungen zu finden. 

https://reisevergnuegen.com/novi-sad-serbien/
Novi_Sad_Vojvodina.html#photos;aggregationId=101&albumid=101&filter=7&ff=171884487


https://www.adac.de/reise-freizeit/reiseplanung/reiseziele/serbien/uebersicht/

Plitvicer Seen u. anderes: 

https://www.bing.com/videos/search?q=backo+dobro+polje&ru=%2fvideos%2fsearch%3fq%3dbacko%2520dobro%2520polje%26%26FORM%3dVDVVXX&view=detail&mid=49C9D4F409FECFD8A40449C9D4F409FECFD8A404&&FORM=VDRVRV

18.3  Eine Batschka-Reise der besonderen Art im April 2011

Am Ostermontag dieses Jahres (25. April 2011) machte sich eine buntgemischte Gruppe - Kischkerer und Kutzuraer, Junge und Alte über drei Generationen - mit Robert Lahr, Initiator, Organisator der Reise und Sonderbeauftragter für "Humanitäre Hilfe Donau-schwaben" erwartungsvoll auf die Reise in die Batschka. Mit verschiedenen Verkehrs-mitteln erreichten die 20 Teilnehmer Budapest und dort das "Danubius Grand Hotel Margitsziget" auf der Margaretheninsel in der Donau. Am Osterdienstag begann die gemeinsame Reise mit zwei Kleinbussen und einem PKW von Budapest der Donau entlang nach Sombor, der ersten Station in der Batschka und der ersten Begegnung im "Haus der Versöhnung des Deutschen Humanitären Vereins ST. GERHARD" mit dort noch lebenden Donauschwaben. Der Vorsitzende Anton Beck, der uns übrigens die ganze Woche über mit Gabor und Peter chauffierte, begrüßte uns in "seinem" Haus. Wir waren nicht wenig überrascht. Das Gebäude, zuvor eine Sonderschule in Rosenheim, dient heute als Begegnungsstätte, als Veranstaltungsort. Just an diesem Tag fand ein Kurs statt für junge Menschen in pädagogischen Berufen, geleitet von Schauspielern aus Ulm/Donau. Es war interessant zu hören, dass Deutsch neben Englisch in den Schulen der Batschka als zweite Fremdsprache unterrichtet wird, dass also ein erhebliches Interesse an der deutschen Sprache besteht. In diesem Haus befindet sich auch ein Heimatmuseum mit Trachten, Hausgeräten, Werkzeugen, Bildern aus der Zeit vor 1944. Das schöne Mittagessen, die ersten Gespräche haben wir als deutliche Zeichen von Gastfreundschaft und Dankbarkeit empfunden, vor allem für den Sponsor und Motor der "Humanitären Hilfe". Ein Videofilm über die Geschichte der Donauschwaben - von der einsetzenden Werbung in Süddeutschland bis zur Ansiedlung im Donauraum - machte vor allem auf die jungen Teilnehmer einen starken Eindruck. In die Kirche beim Karmeliterkloster zu Sombor, einem imposanten Kirchenraum, waren wir zu einem österlichen ökumenischen Gottesdienst mit Pfr. Dieter Tunkel, von der Hannoverschen Lutherischen Landeskirche nach Belgrad abgeordnet, und dem römisch-katholischen Geistlichen Josef Vogrinc, aus Hodschag stammend, eingeladen. Die kleine Gruppe verlor sich geradezu in diesem mächtigen Gotteshaus. Es war bedrückend, aber auch wieder so vertraut durch die Lieder, die Liturgie und die offenen Worte der beiden Prediger: "Wir meistern die Umstände. Leben wir nur in der Vergangenheit? Wir sollten suchende Menschen sein, wie die Frauen am ersten Ostertag. Trotz aller Widrigkeiten Gutes bewirken." Aber auch unüberhörbar die Klage: "Sie glauben nicht, sie hoffen nicht, die Menschen dieser Tage. Achten wir auf die Frauen am leeren Grab, die ihre Hoffnung länger tragen als die Männer." Und dieses gewichtige Wort: "Enttäuschtes Leben doch als sinnvoll begreifen." "Und Auferstehungsglaube sollte sich hier und dort deutlicher ausdrücken." 


Mit österlichen Gedanken ging es nach dem Gottesdienst zu den Gedenkstätten Gakowa (links) und Kruschiwel. An beiden Orten finden wir würdige Denkmale für die Menschenopfer, für die Miss- handelten, Geschundenen, Ermordeten der Nach- kriegsjahre. Die Inschriften in Deutsch und in Ser- bisch sind allgemein gehalten, Zugeständnisse an die heutige Bevölkerung dort. Klare Aussagen über die Verantwortung der Schreckensherrschaft, über das unsägliche Leid der vielen Tausende Unschul- diger werden vermieden. Sehr persönliche Worte des Geistlichen Vogrinc wirkten an diesem Ort geradezu befreiend. Nach Ablegen eines Blumen-gebindes,  nach Aufstellen des Totenlichtes und nach gemeinsamem Gebet fuhren wir weiter nach Kruschiwel (siehe weiter unten).  

 

                                                               




                      Unser Ahnendenkmal in Kischker vor der Renovierung.


 

 

 

Die Inschrift am Denkmal in Gakowa in Deutsch und Serbisch

 

 





HIER RUHEN UNSERE DONAUSCHWÄBISCHEN MITBÜRGER
SIE WERDEN FÜR IMMER IN UNSEREN HERZEN SEIN
MIT DER ERRICHTUNG DES KREUZES GEDENKEN WIR IHRER IN  WÜRDE
UND EHRFURCHT
DIE DONAUSCHWABEN STAMMEN VON DEN KOLONISTEN AB,
DIE IM 18. JAHRHUNDERT VON DEN HABSBURGERN
IN DER PANONISCHEN EBENE ANGESIEDELT WURDEN.
DAS LAGER GAKOVO BESTAND VOM MÄRZ 1945 BIS JANUAR 1948

DIE DONAUSCHWABEN                                                 GAKOVO 2004



Das Denkmal in Kruschiwl

Auch da gedachten wir mit Blumengebinde, Totenlicht und Gebet der vielen dort umgekommenen donauschwäbischen Landsleute. Mit dem 85. Psalm, Worte der Klage, aber auch der Hoffnung, endeten die Totengedenken.


  

 

Der linke Teil des Denkmals mit der Inschrift in Deutsch und Serbisch

HIER RUHEN UNSERE DONAUSCHWÄBISCHEN MITBÜRGER 
SIE WERDEN FÜR IMMER IN UNSEREN HERZEN SEIN 
MIT DER ERRICHTUNG DES KREUZES GEDENKEN WIR IHRER
IN WÜRDE UND EHRFURCHT 
DER ORT KRUSEVLJE WAR VOM MÄRZ 1945 BIS DEZEMBER 1947 
EIN LAGER FÜR ZIVILINTERNIERTE.
DIE DONAUSCHWABEN                                      KRUSCHIWL 2005

 

 

Der rechte Teil des Denkmals mit der Inschrift in Deutsch und Serbisch

 

 





DIE DONAUSCHWABEN STAMMEN VON DEN KOLONISTEN AB,  
DIE IM 18. JAHRHUNDERT VON DEN HABSBURGERN IN DER
PANONISCHEN EBENE ANGESIEDELT WURDEN.
DER ORT KRUSEVLJE (KRUSCHIWL) WURDE ZWISCHEN 1764 UND 1780 
VON DEUTSCHEN SIEDLERN GEGRÜNDET  
IHRE NACHKOMMEN LEBTEN HIER BIS 1945  
SIE MUSSTEN IHRE HEIMAT UND IHRE TOTEN FÜR IMMER VERLASSEN.

DIE DONAUSCHWABEN                                                  KRUSCHIWL 2005


Der Mittwoch und Donnerstag waren für Kischker und Kutzura geplant. Die Gruppe teilte sich dementsprechend. Die Orts-mitte von Kischker, der heute so entstellte Ortskern, die Mitte, die zuvor die Himmelsrichtungen, unseren Raum und Zeit bestimmte, die unsere Heimat ausmachte und darum unsere Identität, ist uns, die wir in Kischker lebten, heute fremd, sehr fremd. Allein die vertrauten Straßen und die vielen noch bekannten Häuser bestätigen die Bilder der Erinnerung. Immer wieder stehen wir vor Hoftoren, trockenen Einfahrten, Initialen der einstigen  stolzen Besitzer. Sanierte Häuser, desolate Häuser,  verlassene Häuser und daneben Um- und Neubauten, welche die Straßenansichten doch sehr verändert haben. Davor treffen wir immer wieder auf freundliche "Neubürger", die grüßen, einladen und fragen, oft skurril, aber mit lebhaftem Interesse: "Wo leben Sie heute? Wer lebte in diesem Hause? Was war die Rolle des Kulturbundes? Wo sind Wertgegenstände, wo Waffen vergraben?" Der deutsche Teil des Ortsfriedhofes ist eine Wildnis mit einzeln zu erkennenden Grabsteinen und demolierten Gruften. Etwas Positives: Im Gemeindehaus empfing uns eine freundliche Gemeindebedienstete, Frau Katerina Tomic, und gewährte uns Einblicke in die vorhandenen Standesamtbücher aus Vorkriegszeiten. So konnten wir die Hochzeitstage der Großeltern in Erfahrung bringen. Sicher schlummern in dem örtlichen Archiv weitere Daten, die uns bis heute noch nicht zugänglich sind. Überraschend war für uns auch das Interesse am Buch von Johann Lorenz "Unvergessenes Kischker". In gescannter Form wird der Interessent das Buch erhalten. 

Am Donnerstagmorgen fuhren wir hinaus in Richtung ehemalige Bahnstation. Spuren- suche nach jener Stelle, nach dem "Unort", an dem in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1944 die erste Exekution Kischkerer Einwohner durch Tito-Partisanen und das Verscharren der 78 Leichname im Bombentrichter erfolgten. "Hier müssten sie liegen!" Wir erinnern uns an die Vorgänge dieser unseligen Nacht und der weiteren zwei Erschießungsaktionen am südöstlichen Ortsrand im selben Monat. Was weiß man schon? Die Verhaftungen erfolgten willkürlich, die Liquidierungen ohne Anklage, ohne Gerichtsurteil. Also lesen wir die Namen aller hier Ermordeten. Wir streuten Samen von Sommerastern aus, die jungen Burschen fertigten entschlossen und geschickt Kreuze aus Ruten und steckten sie in den Boden. Mit Hermann Hesses "Klage" endet dieses so ganz andere Totengedenken am Massengrab. Das letzte Gespräch im vormaligen Lutherheim - heute eine Gaststätte - zum Fall der Kirche: "An einem Sonntagnachmittag, als fast alle Einwohner einem Fußballspiel zuschauten, sprengten zwei auswärtige Militärangehörige das Gotteshaus. Erst der zweite Versuch gelang. Der einzige Zeuge, ein Lehrer, geriet in Lebensgefahr und stand unter Schock."  

Am späten Nachmittag verließen wir den Ort in Richtung Neusatz. Wir fuhren an vielen Kirchen vorbei. Wir standen an Gedenkstätten und vor Gedenktafeln, allein unser Kischker ist ohne Hinweis auf das Geschehene. Sollte es nicht unsere Pflicht, unsere Sorge und Schuldigkeit sein, unserer Heimat und unseren Toten zu Ehren alles zu tun, um zumindest das Ahnendenkmal von 1936 auf dem Friedhof oder einem würdigen Platz andernorts wieder aufzurichten? Die Erlebnisdichte der ersten Tage sollte sich am Freitag noch steigern. Am Morgen brachen wir auf zur nächsten Pflichtfahrt nach Jarek, zu den Massengräbern mit 6400 deutschen und einer großen Zahl von ungarischen Opfern, zu- meist Kinder und alte Menschen. An einer Verkehrsstraße, dort wo ein Weg zu einem üblen Schuttplatz führt, steht ein schlichtes Holzkreuz, von Ungarn errichtet. "Es wird regelmäßig angegriffen, aber auch immer wieder neu aufgestellt." Wir gehen bedrückt weiter in dieses Gelände: Berge von Bauschutt bis in die Nähe des Holzkreuzes, das unzugänglich im Grundwasser steht. Sprachlos legen wir unsere Blumen nieder und ent- zünden das Totenlicht. Hilflose Versuche, das Unvorstellbare zu fassen. Und wieder diese Zeichenhandlung, Aussäen von Blumensamen, in der Hoffnung, dass unter diesem Himmel doch noch Samen keimen, Blumen blühen. 

 

Das zum Gedenken an die Opfer aus dem Vernichtungslager Jarek von der Gemein-deverwaltung Jarek genehmigte und von Donauschwaben errichtete Holzkreuz steht viele Tage im Jahr unzugänglich im Grundwasser. Welch jämmerliche Entscheidung der heutigen Machthaber!

 

 





Nicht genug der unwürdigen Platzwahl für das Kreuz,
 führt der Weg dorthin auch noch durch Gerümpel und abgekippten Bauschutt.
Einfach pietätlos!!


 

 


Der Bürgermeister der Gemeinde Temerin-Jarek, Herr Milan Mandic, begleitete uns. Warum gibt es hier diese Schwierigkeiten, ein würdiges Denkmal zu erstellen? So fragen wir. "Die Radikalen haben in der Gemeinde die Mehrheit." 

Werden wir, werden die Generationen auf beiden Seiten nach uns auch diesen Völkermord im Bewusstsein  behalten, diese immer noch unbedachten Opfer schuldbewusst betrauern? Eine übernationale, objektive europäische Geschichtsschreibung ist zu fordern, um auch diesen Unglücklichen ein ehrendes Gedenken zukommen zu lassen. 

Zusätzlich zum geplanten Programm wurde die Gruppe in der Mittagsstunde hoch- offiziell vom Parlamentspräsidenten der autonomen Provinz Vojvodina in der Republik Serbien, Herrn Sandor Egeresi, in Novisad/Neusatz im Parlamentsgebäude - im Sitzungs-, im Kabinetts- und im Plenarsaal - empfangen. Der Präsident nahm sich viel Zeit, uns die politische Situation in diesem Vielvölkerstaat darzustellen. Ermöglicht war diese Einladung, so ist es angeklungen, durch die außerordentliche Wertschätzung und Dankbarkeit eines Landes für den Wohltäter Robert Lahr - für seine mehr als 20-jährige Hilfe zu Gunsten der deutschen Minderheit. 

In der Bildmitte im dunklen Anzug  Parlamentspräsident Sandor Egeresi und rechts daneben Robert Lahr, Organisator der Reise, beide umgeben von den Reiseteilnehmern aus Kutzura und Kischker

 

 


 


Die letzte Station dieser spannenden Reise führte uns nach Subotica (Maria Theresiopel), eine Vielvölkerstadt mit 26 Nationalitäten und 18 Kirchen. Ein unvorstellbarer Schmelztiegel und mit dabei deutsche Menschen, die sich im Deutschen Volksverband, gegründet 1997, zusammenfanden. Im Haus des Verbandes wurden wir vom Präsidenten Laszlo Mandler empfangen und herzlich begrüßt. Der Deutsche Volksverband ist die Dachorganisation der 3900 Deutschen in 14 Ortsvereinen. Dieser wiederum ist Teil des Nationalrates, den alle Minderheiten wählen. Nach schweren Anlaufzeiten läuft die Organisation sehr gut, bestätigt Präsident Mandler. "Alles tun für das Deutschtum." Die Arbeitsfelder sind die deutsche Sprache, Bildung, Medien, Informatik und darüber hinaus der Dienst an den Toten. Friedhöfe in Ordnung bringen und diese erhalten und als Generalthema den Dialog für Versöhnung führen. Gute Verbindungen mit den Bot- schaften Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und Ungarns sowie dem Vatikan be- günstigen die Arbeit des Nationalrates. Und auch dieses geschieht: Für die Orthodoxe Kirche in Kutzura wurde mit Hilfe von Robert Lahr eine Kirchenglocke gestiftet. "Die Glocke läutet zu Ehren Gottes, sie läutet für Frieden und zum Gebet." Dies ist die traditionelle Stimme, aber daneben ist über das Radio bzw. über das Internet die Stimme dieser deutschen Minderheit  wöchentlich zu empfangen. Wen es interessiert: Die Sendung ist zu hören unter Radio Subotica "Unsere Stimme" in http://onlineradio.hu, dann magyar_adas.mp3, freitags 19.30 - 20.00 Uhr. 

Mit überwältigenden Eindrücken verließen wir die Batschka. Wer diese Dörfer zuvor in ihrer guten Zeit erlebte und sie nun erstmals wieder sah, der gewinnt eine tiefe Einsicht: Was uns Heutigen als selbstverständlich gilt - die Grund- und Freiheitsrechte, Eigentum und das Leben, ist überaus gefährdet. Krieg und Fanatismus enteignen, machen recht- los, vernichten Leben - ungesühnt. Und was verbindet uns mit den Menschen dort? Ein Randerlebnis bietet eine Antwort. In Neusatz am Hauptplatz die römisch-katholische Kirche, Touristen ruhelos und flüchtig durch's Hauptportal hinein und heraus. Ein fähiger Organist spielt die Bach-Choräle "Christ lag in Todesbanden" und "Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ". Man muss sich die Verdichtung klar machen. In Serbien, in einer römisch-katholischen Kirche Orgelchoräle des Protestanten Johann Sebastian Bach! So viel Geschichte, so viel Kunst, so viele Sprachen kulminieren in diesem Augenblick. Es ist die Stunde einer Multikultur, zeitübergreifend. Es ist das Erlebnis "Einer Welt". 

In der Rückschau stellen sich immer wieder neue Fragen ein. Sind wir den hohen Erwartungen unserer Gastgeber gerecht geworden? Was können wir für sie tun?                                                                                                                      

Text: Sebastian und Erich Gerber, Bretten - April 2011

Fotos: Erich Gerber, Bretten; Katharina Hatfield geb. Hütter, New Richmond (Ohio, USA) 

18.4  Eine geschichtsträchtige, erregende Batschka-Reise im Oktober 2013

Nach Serbien fliegst Du? Du meinst wohl Kroatien? So wurde im Vorlauf dieser Reise oft gefragt. Robert Lahr hatte wieder eine Kischker-Reise geplant und dazu eingeladen, aus ganz besonderem Anlass: Einweihung des wieder aufgerichteten Ahnendenkmals von 1936 und darüber hinaus Anbringung der Memorandum-Tafeln. Die hoch angesetzte Teil- nehmerzahl von 50 Personen wurde weit übertroffen. Schließlich traten am Sonntag, dem 6. Oktober 63 Personen - 50 aus Kischker, die anderen aus Nachbargemeinden, aus den Jahrgängen 1926-1992 - die Reise an, eine Reise in die Geschichte, in die Erinnerung, in die ganz persönliche Biografie, eine Reise, dem Gedächtnis der Vorväter, der Ahnen geschuldet.

Über 350 Einladungen gingen an Kischkerer hinaus, verständlich die Zurückhaltung, die Vorbehalte vieler, überzeugender jedoch in unterschiedlichster Art die Motivation der Teil- nehmer. Generell war es allgemeiner Wunsch, die alte Heimat noch einmal zu sehen und die persönlichen Erinnerungen mit dem heutigen, noch erhaltenen Rest-Kischker abzu- gleichen. Bei den Jüngeren und bei den Nachgeborenen ging es darum, die Erlebnisschilderungen der Eltern bzw. der Großeltern mit der Realität zu vergleichen. Berührend die individuellen Beweggründe, die Kindheitserlebnisse im Gemeindehaus im November 1944, im Vernichtungslager Jarek, die Suche nach dem anonymen Grab des gefallenen Vaters. Auch dies war ein Reisegrund: Das Bewusstsein als Zeuge des großen historischen Unrechts an den Donauschwaben den Neubürgern dort offen zu begegnen, um der Wahrheit willen. Es bot sich die große Möglichkeit, tief hinabzusteigen in die Vergangenheit des verlorenen Dorfes, in die ganz persönliche Geschichtserfahrung. Vielleicht aber war es doch nur die schlichte Neugier oder Urfrage: Woher komme ich, wer bin ich? Jedenfalls trafen sich zu dieser Reise Menschen, ein jeder mit ganz persönlichem Schicksal, ein jeder bewusst oder unbewusst angetrieben zum Akt der Selbstvergewisserung. Es konnte, es sollte eine historische Mission werden.

Am Montag fuhren wir in gespannter Erwartung von unserem Hotel in Werbas nach Süden nach Backo Dobro Polje. Es war ein sonniger Spätsommertag, wie im Oktober 1944. In der Ortsmitte galt es, sich zu orientieren. Das fiel schwer. Die Mitte - Gemeinde- haus, Kirche, Pfarrhaus und Ferch-Schule - die früher Kompass war, existiert nicht mehr. Jenen unter uns, die in Kischker gelebt hatten, ist das neue Zentrum fremd. Was es wohl bedeutet, die bestimmenden Gebäude, die orientierenden Größen, die geistigen und geistlichen Zentren vernichtet zu sehen? Allein die Sonne und die nach ihr ausgerichteten Straßen bieten verlässliche Orientierung. Die Gruppe löst sich auf, jeder geht auf ein anderes persönliches Ziel zu. Es ist der Tag des Vorübergehens, des Entdeckens und des Vermissens. Diese Kontraste! Man bleibt vor großen, vormals so stolzen Bauernhäu- sern stehen: von den Familien Josef Frank, Christian Schmidt, Christian Roth, David Dietrich, Josef Gerber, Georg Heinz und anderen. Wir stehen vor Hoftoren, den trockenen Einfahrten, den immer noch erhaltenen Namen der ehemaligen Eigentümer, wie z. B. Johann Mell, Christian Falkenstein, Georg Roth, und wir entziffern die Initialen an Türen und Giebeln. Im Gasthaus Gagovic, dem ehemaligen Lutherheim, ist immer wieder Treffpunkt mit Trinkpause. Gegenüber steht das Sanatorium. Und daneben waren doch die Gefallenen-Ehrungen? Fragen über Fragen, unsichere Antworten. Die Schulen? Die Staatsschule? Die Artesischen Brunnen? Tiefe, in einem geparkte Emotionen erwachen wieder. Die Vergangenheit wird Gegenwart. Es ist dies auch der Tag der ersten Kontakt-Aufnahmen mit den jetzigen Bewohnern. Freundliche Kinder kommen auf uns zu. Wenn unsere Dolmetscherin nicht da ist, versuchen wir es in Englisch oder wir zeigen einfach die Bilder aus dem Buch von Johann Lorenz. Das interessiert sehr. Ein Unternehmer im Hause Jakob Roth - Metallverarbeitung - wünscht die Bilder von Alt-Kischker zu kopieren. Vielleicht zum Dank gibt er u. a. eine Ansichtspostkarte eines Reichsdeutschen Besuchers in BDP vom 10.7.1935 an seine Familie in Halle/Saale.

 

 


Angesichts der Aktualität und dem beschriebenen historischen Kischker fragt man sich: Was ist aus diesem Dorf geworden? Aber es bleibt doch anzuerkennen, es sind alle Straßen geteert, in der Dorfmitte pflegen Gärtner Blumenbeete, im Zentrum befinden sich das Kulturhaus mit Ortsverwaltung, das Kaufhaus mit der Bibliothek sowie die große neue Schule. Wir werden wahrgenommen, angesprochen, eingeladen und beschenkt. Es hat sich etwas verändert. Wir erfahren spürbar mehr Offenheit und Entgegenkommen als noch vor zwei Jahren. Man stellt sich die Grundsatzfrage: Ist Heimat verlierbar? 

Außerplanmäßig werden wir am Dienstag vom Werbaser Bürgermeister Milan Stanimirovic ins Historische Museum Werbas (vormals die Apotheke der Familie Schuch) eingeladen. Wir werden zunächst von der Direktorin des Museums, Frau Dragica Vukotic, freundlich empfangen und von ihr in die Geschichte und Ziele des Museums eingeführt. Heute ist es ein Haus aller Nationalitäten mit 40.000 Museumsstücken, davon allein 70 % aus deutscher Herkunft, wovon 1.000 Stücke von der Familie Peter Eisenlöffel dem Museum überlassen wurden. Wir hören, dass die Museumsleitung Kontakte nach Ulm pflegt, dass Seminare über die Deutschen des Mittelalters gehalten werden, zudem sei ein Club ehemaliger Bürger von Werbas in der Planung. Frau Vukotic drückt ihre Freude über das rekonstruierte Ahnendenkmal in BDP aus, das leider von Vandalen 1944/45 zerstört worden sei. Anschließend erscheinen der Bürgermeister von Werbas und sein Stellvertreter, Dragan Stijepovic, zur Begrüßung, obwohl sie in der Endphase des Kommunalwahlkampfes stehen. "Es ist für mich eine große Freude, Sie im Museum, im gemeinsamen Werbas begrüßen zu dürfen." Als ehemaliger Journalist beschäftige er sich seit 20 Jahren mit der Geschichte der Donauschwaben. Darum wisse er von deren Leidensweg. Er habe wiederholt über das Thema geschrieben, manches davon wurde in Karlsruhe ins Deutsche übersetzt. Seit der Demokratisierung dieses Landes gibt es Recherchen zur deutschen Vergangenheit in der Batschka. Er schließt mit dem Wunsch nach einem angenehmen Aufenthalt "in Ihrem Heimatland".

Robert Lahr dankt für die freundliche Aufnahme, vor allem für die Wiedererrichtung des Ahnendenkmals, befördert durch Bürgermeister Stanimirovic und finanziert durch die Gemeinde Werbas.

 

Herr Bürgermeister Stanimirovic, Direktorin Dragica Vukotic, Robert Lahr, Dragan Stijepovic nach der Überreichung der Memorandum-Tafel beim Empfang in Werbas 

Am Mittwoch, dem 9. Oktober, auf den Tag genau, an dem der erste Treck 1944 den Ort verließ, stand die Wiedereinweihung des Ahnendenkmals von 1936 auf dem Programm. Das Thema "Wiederaufrichtung des Ahnendenkmals von 1936" mit dem gültigen Text von Josef Frank (* 1882) zog sich über Jahre hin. Die Landsleute blieben unentschlossen, das Projekt wurde in Frage gestellt, gar abgelehnt. Was bedeutet ein solches Denkmal? Ist mit der Heimat zugleich die Sache der Vorfahren verloren? Ein Aphorismus von G. H. Chesterton kann einem dazu die Augen öffnen." Wir müssen unseren Vorfahren wieder Stimmrecht einräumen. Wir fordern Demokratie für die Toten." Das ist bedenkenswert. Die Toten nicht abschreiben als längst Gewesene. Heraklit hat davon gesprochen, dass die "Schlafenden auch wirken und Mitwirker sind bei dem, was in der Welt geschieht." In einer Demokratie, wie sie Chesterton vorschwebte, muss Raum sein für alle Lebenden und alle Am-Leben-Gewesenen, gleichberechtigt, Stimme  neben Stimme. Die Inschrift des Ahnendenkmals wäre so als deren Stimme zu verstehen, als Mahnung und Zuspruch.

Das Projekt "Wiederaufbau" wurde von Robert Lahr betrieben. Etwas Großes entstand wieder einmal aus dem Willen und der Kraft eines Einzelnen. Wir, die wir an diesem Tag zur Stelle waren, wurden zu Zeugen dieses historischen Ereignisses. Robert Lahr hat sich verdient gemacht.

Das Denkmal wurde unter der Aufsicht des Beauftragten Ruskovski aus Kutzura wieder aufgebaut. In seinem Beisein und im Beisein von Gemeindevertretern erfolgte die Wiedereinweihung in einem Gottesdienst, gehalten von Pfarrer Iviciak aus Novi Sad.

Ahnendenkmal 2013 mit Inschrift von 1936 vor der Renovierung.

  UNSRE  AHNEN

Glaubensstark in schwerster Not haben sie die Kraft gefunden,

haben Land und Herd und Brot, unsre Heimat uns errungen.

Zu Glauben, Treu und Einigkeit soll ihr Werk uns stets ermahnen,

auf daß wir bleiben allezeit Deutsch wie unsre Ahnen. 


        

 Sebastian Gerber rezitierte Hermann Hesses "Klage"

 

Klage

Uns ist kein Sein vergönnt. Wir sind nur Strom.
Wir fließen allen Formen ein:
Dem Tag, der Nacht, der Höhle und dem Dom.
Wir gehn hindurch, uns treibt der Durst nach Sein.
So füllen Form um Form wir ohne Rast.
Und keine wird zur Heimat uns, zum Glück, zur Not.
Stets sind wir unterwegs, stets sind wir Gast,
uns ruft nicht Feld noch Pflug, uns wächst kein Brot.
Wir wissen nicht, wie Gott es mit uns meint,
Er spielt mit uns, den Ton in seiner Hand,
der stumm und bildsam ist, nicht lacht noch weint,
der wohl geknetet wird, doch nie gebrannt.
Einmal zu Stein erstarren! Einmal dauern!
Danach ist unsere Sehnsucht ewig rege,
Und bleibt doch ewig nur ein banges Schauern,
Und wird doch nie zur Rast auf unsrem Wege.

 

  

Pfarrer Iviciak bei der Ansprache

Er predigte über das Wort aus 2. Tim. 1, 3-5. Darin betonte er den lebendigen Glauben der Ahnen, ein lebendiger Glaube als Beschützer und Beistand. Durch die Kultivierung des Landes wurden sie zum Segen für alle hier. Auf segensreiche Jahre folgten unglückliche Kriegsjahre mit Zerstörung und Untergang. Er bat um Vernunft und Weisheit für die Heutigen. Pfarrer Iviciak schloss mit den Worten: "Möge der Herr uns alle segnen. Sowie auch die Botschaft des Ahnendenkmals - die Botschaft über unsere Hochachtung gegenüber den Vorfahren und die Botschaft des friedvollen Zusammenlebens und der Versöhnung. Der Versöhnung mit Gott und mit unseren Nächsten. Amen.

"Das ganze Gewicht der Worte aus dem Vaterunser "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und erlöse uns von dem Bösen." war selten so schwer zu tragen wie an diesem Tag, an diesem Ort, auf dem serbischen Friedhof von BDP. Mit der Luther-Hymne "Ein feste Burg ist unser Gott" schloss die Feierstunde.

Nach dem  Gottesdienst  hatten  wir die Neubürger  zu einem  Umtrunk ins  Gasthaus im ehemaligen "Lutherheim" eingeladen. Leider  war der Zuspruch  seitens der heutigen Einwohner  von  BDP/Kischker nicht  sehr  zahlreich. Ob es am  falsch gewählten  Zeitpunkt gelegen hat?

Am Mittwochabend waren wir wieder mit den Neubürgern der Gemeinde im Lutherheim zu einem Begegnungsabend zum Thema "Frieden und Versöhnung" beisammen. Neben dem Bürgermeister-Stellvertreter Dragan Stijepovic hatten sich viele Vertreter örtlicher Institutionen und  Bürger aus der Gemeinde eingefunden, etwa 70 Personen  waren gekommen. Nach einem Abendessen, zu dem  die Reisegruppe  eingeladen  hatte, hörten  wir  Grußworte. Herr Dragan  Stijepovic stellte die Leistung der Donauschwaben heraus: Die fruchtbaren Felder, die Infrastruktur, die einsetzende  Industrialisierung. "Die Geschichte soll in Erinnerung bleiben." In seiner Erwiderung bedankte sich Robert Lahr in unser aller Namen für die freundliche  Aufnahme, für  den  Wiederaufbau des  Denkmals auf  Kosten der Gemeinde  Werbas(!), sowie die Möglichkeit, drei Memoranrum-Tafeln im Ort BDP anbringen zu dürfen. Dann  referierte  Robert Lahr  zum  Thema "Frieden und  Versöhnung", was anschließend zu einer positiven Diskussion zwischen ehemaligen Bürgern von Kischker und Neubürgern von BDP führte.

Rechtsanwalt  R. Radovic hieß uns "in  unserem  und Euerem  Kischker willkommen." Er skizzierte die Besiedelungsgeschichte ab 1947, die Situation  der Gegenwart mit der großen Arbeitslosigkeit und sprach von der Hoffnung auf Europa.

Schließlich ergriff noch Herr G. Kakucevovic, ein Historiker, das Wort. Er interessiere sich für die Geschichte  dieser Gegend und arbeite z. Zt. an dem  Projekt, das seelische Profil der Donauschwaben zu erstellen. "Wo  Lügen sind, gibt es keine  Freunde. Wo die Wahrheit ist, ist das Gute. Wer nichts weiß, kann nicht gut sein. In einem Land  verschiedener Nationalitäten muss man die  Unterschiede verstehen  und zulassen, aber das  Recht auf die eigenen Werte behalten."

Zuletzt kam es zum munteren Frage- und Antwortspiel nach dem Motto einer Sendereihe des BR-Fernsehens nach dem Motto "Jetzt red i".

Am Donnerstag  erfolgte im modernen  Reisebus die  Ausfahrt nach Jarek, dorthin, wo ab 1944 unsere Alten, Kranken und Kinder gebracht  worden  waren, zu dem immer noch nur Wenigen bekannten Unort dieser ihrer Endstation, dieses  berüchtigte  Vernichtungslager. Wir kommen in  größerer Zahl als im April 2011 und wir werden - das ist für uns  alle sehr überraschend - von einer großen prominenten  Delegation  empfangen, von Csaba Csöke, in Vertretung des Präsidenten des Parlamentes der Vojvodina und  Vorsitzender des Ortsausschusses Temerin der Vereinigung der  Vojvodina-Ungarn, von  Andras  Gustonj, Vorsitzender  des Gemeinderates Temerin (mit  Jarek) und  Koordinator  für die geplante  Gedenkstätte, von Glisa  Mihajlov, Vorsitzender  des Vereins  Backi  Forum und  Organisator der  Empfangszeremonie, und  Frau Ljubica Tepic, Vorsitzende  des  Kulturvereins  Jarek. Zusätzlich hatte sich noch eine jugendliche Trachtengruppe eingefunden.

Unweit der  Häuser von Jarek, unweit des  Massengrabes der 6.500 dokumentierten deutschen Opfer aus dem  Vernichtungslager Jarek  halten wir an einem  provisorischen Hügel mit einem schlichten  Holzkreuz  inne. Nacheinander  ergreifen die  genannten  Personen das Wort.



                             Andras Gustonj begrüßt unsere Reisegruppe an dem Platz, an dem das Denkmal errichtet werden soll.

Sie nennen das Unsägliche beim Namen, sie entschuldigen sich für die Verschleppung bzw. die Behinderung des geplanten Denkmalaufbaues. Sie versprechen die Realisierung einer würdigen Gedenkstätte auch hier in Jarek. Sie legen sechs Blumengebinde nieder. "In stiller Trauer - die überlebenden Donauschwaben". Wir legen unser Blumengesteck nieder, entzünden das Totenlicht und gedenken im Gebet unserer Toten.

"Zurück ins Leben" so lädt uns die Vorsitzende, Frau Tepic, in das Haus des Kulturvereins in Jarek ein, wo wir bei vorzüglichem Gebäck und Getränken in Gesprächen mit unseren Gastgebern bekannt werden.

Der Vormittag war für uns alle ein psychischer Kraftakt. Darum war das nachfolgende Programm die pure Erholung, das Erlebnis Festung Peterwardein mit Mittagessen im Burglokal und Besichtigung der oberirdischen Teile der Festungsanlage, der Abstecher in die Altstadt von Neusatz mit ihren renovierten Bürgerhäusern, mit Bischofspalast, mit der Marienkirche, auch "die Kathedrale" genannt, mit der zur Fußgängerzone umgebauten Donaugasse, die uns den habsburgischen Ursprung auf Schritt und Tritt erkennen ließen.

Auf Peterwardein trafen wir Touristen aus Deutschland, die sich diesen Teil der Welt anschauen wollten. Nicht nur Neusatz ist eine Reise wert, lohnende Ziele in Serbien sind auch Subotica, Sombor und Apatin. Dorthin ging's für uns am Freitag, dem 11. Oktober, dem Jahrestag, an dem der zweite Treck Kischker verließ. Zunächst wurden wir vom Vize-Bürgermeister Miodrag Bakic im historischen Ratssaal empfangen. Begeistert stellte er uns seine Stadt Apatin vor, in der 14 Nationalitäten zu Hause sind. Er schloss seine Ausführungen mit den Worten "Kommen Sie wieder!". Reizvoll die schönen Straßenzüge, die Hauptkirche "Maria Himmelfahrt", in der von Freitag bis Sonntag nacheinander die Heilige Messe in kroatischer, ungarischer und deutscher Sprache gefeiert wird. Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Gotteshaus "Die Schwarze Madonna". Der historisch Interessierte darf nicht die Herz-Jesu-Kirche verpassen. Dort hat Boris Masic eine beachtliche Sammlung wertvoller donauschwäbischer Bücher zusammengetragen, das älteste aus dem Jahr 1515. Auffallend neben der Kirche der gepflegte deutsche Friedhof. Zum Lokalkolorit passte dann das Fischpaprikasch im Hotel Kronic am Donau-Ufer, just an dem Platz, wo die Quelle und die Mündung jeweils 1.400 Kilometer entfernt sind. Der Nachmittag brachte uns wieder in die "Spur", wir besuchten in Sombor das "Deutsche Haus St. Gerhard" und das Monumentalbild "Die Schlacht bei Senta" im Rathaus. Junge Mitarbeiterinnen stellten uns die Ziele des Vereins vor: Erhalt und Förderung der donauschwäbischen Kultur und deren Identität. Das Leitwort "Wir verbinden" trifft die Zielsetzung. Drei verschiedene Organisationen sind unter dem Dach des Vereins tätig: Die "Humanitäre Hilfe Robert Lahr", die Donauschwäbische Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg sowie das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa). Ein Schwerpunkt ist die Fortbildung für Deutschlehrer. Ein ganz wichtiges Arbeitsfeld ist für den Verein der Dienst auf den Friedhöfen. Sie werden geordnet und gepflegt. Dass wir Besucher verwöhnt werden, ist für frühere Gäste dieses Hauses nichts Neues.

In einer humanitären Hilfsaktion der Reisegruppe überreichte in Sombor Herr Robert Lahr im Namen der Teilnehmer vor den Augen aller Anwesenden an den Vorsitzenden des Vereins "Deutsches Haus St. Gerhard", Herrn Anton Beck, eine Barspende für die Bedürftigen in Sombor und Umgebung in Höhe von 500 EURO.

In gleichem Sinne und in gleicher Weise erging in Jarek im Kulturhaus an den Vor- sitzenden des Vereins Backi Forum, Herrn Glisa Mihajlov, eine Barspende für die Bedürftigen im Raum Jarek von 500 EURO.

Beim Begegnungsabend in Backo Dobro Polje übergab Herr Lahr dem Stellvertretenden Bürgermeister, Herrn Dragan Stijepovic, vor allen Anwesenden eine Barspende für die Bedürftigen in unserer Heimatgemeinde Kischker ebenfalls in Höhe von 500 EURO.

Am Spätnachmittag ging es zu den Gedenkstätten Gakowa und Kruschiwl. Weil Kruschiwl mit dem großen Reisebus über die Feldwege nicht erreichbar ist, konnten nur 12 Teilnehmer mit dem Sprinter dorthin fahren. Wir finden zwei würdige Denkmale für die unschuldigen Opfer eines infernalischen Krieges. Die in 2012 zerstörte Gedenktafel in Gakowa ist auf Kosten der Gemeinde Sombor wiederhergestellt.

Die Inschriften in Deutsch und Serbisch sind immer noch ganz neutral, d. h. bedeckt gehalten. Klare Aussagen über die Verantwortung der Schreckensherrschaft sind einer späteren Zeit vorbehalten. Die Fähigkeit, mit dem Kopf des anderen zu denken, entwickelt sich nur sehr langsam.

Blumengebinde und Totenlicht bleiben von uns als sichtbare Zeichen zurück. Unser Gebet für sie alle möchte erhört sein.

Die Tonkunst kennt den Begriff des Ostinato. Das Grundthema, der Ostinato dieser Reise, waren die Opfer des anonymen Völkermords an den Donauschwaben. Die Statistiken nennen Opferzahlen, Zahlen für den Kopf, für den Rechner, die man emotionslos zur Kenntnis nimmt. Ans Herz rührt allein das Einzelschicksal. Schmerzen werden verursacht durch Namen wie der Name Gerstheimer, die Tragödie einer ganzen Familie, Opfer in Jarek.

Am Samstag endlich mussten wir hinaus, um zu suchen, was nicht zu finden ist: Das anonyme Massengrab, das irgendwo im Koordinatensystem Feldweg - Bahnlinie - Überlandleitung liegt. Weil der Reisebus draußen an der Bahnlinie keine Wendemöglichkeit hat, kam es, wie es kommen sollte. Wir machten uns zu Fuß auf den Weg, auf den Weg der Verurteilten, der Totgeweihten in der Novembernacht 1944. Es war ein Weg im Gedenken, es ist der Kreuzweg. Irgendwo halten wir dann inne, wir hören die Namen aller 142 Erschossenen unseres Dorfes. Im Psalm 85 finden wir die Fragen dieser Stunde und Antworten, die von Treue, Gerechtigkeit und Frieden sprechen.

   "Seele, vergiss sie nicht. Seele, vergiss nicht die Toten." (F. Hebbel)

Die vielen Fragen vor Reisebeginn werden die Teilnehmer in der Rückschau ein jeder für sich beantworten. Es war  ein Gemenge  aus Heimatkunde, Geschichtsunterricht, politischer Mission, Familienforschung, Tourismus und positiven menschlichen Begegnungen. Es war die Konfrontation von Vorurteilen und wahrnehmbaren Korrekturen. Wie soll man zwei serbischen Studenten diese Frage "Warum hassen uns die Deutschen?" beantworten?

In diesen Tagen begegneten wir einer langsamen, entschleunigten Lebensweise. Die Menschen dort haben noch Zeit.

Über das Gesehene und Gehörte, die objektiven Wahrnehmungen hinaus sprachen wir untereinander über ganz persönliche Empfindungen und Emotionen. Friedensschlüsse mit seinen Emotionen brauchen Zeit. Zu aufgewühlt erlebten viele diese Tage.

Das ganz persönliche Fazit, die eigene Gemütslage ist am zutreffendsten mit Hilfe von Pascal Mercier zu fassen: "Im eigenen Inneren sind wir nicht auf unsere Gegenwart beschränkt, sondern weit in die Vergangenheit hinein ausgebreitet. Das kommt durch unsere Gefühle, namentlich die tiefen, die darüber bestimmen, wer wir sind. Denn diese Gefühle kennen keine Zeit. Darum bin ich immer noch dort. Ich lebe ausgebreitet in die Vergangenheit hinein oder aus ihr heraus. Auch im Raum erstrecken wir uns weit über das hinaus, was sichtbar ist. Wir lassen etwas zurück, wenn wir einen Ort verlassen, wir bleiben dort, obgleich wir wegfahren. Und es gibt Dinge an uns, die wir nur dadurch wieder finden können, dass wir dorthin zurückkehren.

Wir fahren an uns heran, reisen zu uns selbst." (aus "Nachtzug nach Lissabon")

Dem Initiator, Organisator und Reiseleiter Robert Lahr gilt ein großer Dank für eine ungewöhnliche, spannende, erregende Reise.

Text: Sebastian Gerber und Erich Gerber


Fotos: Rathaus Sombor - Erich Gerber 2013


18.4  Reise 2014

        Eine Reise im Gedenken an die schlimmen Ereignisse vor 70 Jahren

Zusammen mit weiteren 46 Seelen machten wir uns in der zweiten Oktoberwoche 2014 auf die 8-tägige Reise in die Batschka, um unsere alte Heimat bzw. die Heimat unserer Ahnen wieder zu sehen und der 70-jährigen Wiederkehr der Vertreibung und der Leiden unserer donauschwäbischen Landsleute in den Todeslagern zu gedenken.

Nach einem verregneten Sommer strahlte die Sonne über der Batschka, und die Bauern fuhren mit hoher Betriebsamkeit ihre Ernte an "Kukurutz" und Zuckerrüben ein. Unsere Reisegruppe genoss die idealen Wetterbedingungen, um vom "Basislager" Werbas ausgehend Tagestouren nach Kutzura, Kischker, Altker, Jarek, Apatin, Sombor und Neusatz (Novi Sad) zu unternehmen. 


Andacht (mit Pfr. Iviciak) und Kranzniederlegung an der zukünftigen Gedenkstätte
bei den Massengäbern des Vernichtungslagers Jarek

Ein Höhepunkt der Reise waren der ökumenische Gottesdienst in der Karmelitenkirche des "Heiligen Königs Stephan" in Sombor und die Feierstunde an der donauschwäbischen Gedenkstätte in Gakowo, beide unter großer Beteiligung der lokalen Bevölkerung und hochrangiger Vertreter der Kirchen und der Politik. Moderiert von Herrn Anton Beck, dem Vorsitzenden des Deutschen Vereins "St. Gerhard" in Sombor, sprachen der Oberbürgermeister von Sombor, Herr Sasa Todorovic, der Präsident des Parlaments der Vojvodina, Herr Istvan Pasztor, und der Vorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben in Deutschland, Herr Hans Supritz.

Eine zentrale Aussage der Rede des Parlamentspräsidenten war ein Zitat aus der Erklärung des Parlamentes der Vojvodina, dass es keine Kollektivschuld und keine kollektiven Verbrechen gebe. Jeder Täter habe ein Gesicht und einen Namen. 

Herr Supritz betonte in seinem Beitrag, dass der Prozess der Verständigung unumkehrbar sein müsse.

 Präsident Pasztor bei seiner Ansprache

Vielen aus unserer Gruppe gelang es im Laufe der Reise, ihre Elternhäuser zu finden. Einige stießen auf Zurückhaltung der heutigen Bewohner, andere auf große Gastfreundschaft. In Werbas empfing uns der Bürgermeister, Herr Dr. Kazic, mit der Bemerkung, wir seien keine Gäste - vielmehr begrüße er uns in unserer Heimat.

Es war bemerkenswert zu sehen, welches Netzwerk zur Völkerverständigung Herr Lahr in den letzten beiden Jahrzehnten aufbauen konnte. Beispielhaft überreichte er von den in unserer Reisegruppe gesammelten 1.200 EURO jeweils 400 EURO an vertrauenswürdige Personen, die diese Spenden an bedürftige Donauschwaben in Sombor, Kischker und Jarek verteilen werden.

 

An der Gedenkstätte Gakowo niedergelegte Kränze 

 

(u.a. auch von unserer Reisegruppe)

 

 

Ganz herzlich danken wir im Namen der Teilnehmer dem Organisator der Reise, Herrn Robert Lahr aus Kutzura, und seinen "Mitarbeitern", Herrn Erich Gerber aus Kischker, Herrn Dr. Norbert Majlath aus Mali Idos, den Dolmetscherinnen Frau Erika Porta aus Kikinda und Frau Andrea Ador aus Werbas. Das Organisationsgeschick und der unermüdliche Einsatz dieser Gruppe waren außergewöhnlich. So wurde diese Gedenkreise trotz der immer wieder aufbrechenden seelischen Wunden zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Teilnehmer.

                                                      Text: Karl Liebmann und Armin Haas

                                                      Fotos: Erich Gerber